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Einzug der `Grünen´ in den Landtag

Bertram Jäger, seit 1969 erster "schwarzer" Präsident einer Arbeiterkammer in Österreich, hatte sich auf Einladung von Vorarlberger Studenten, darunter Christoph Hinteregger, Claus Albertani und Gerhard Sutter, im Studentenheim Leechgasse der Katholischen Hochschulgemeinde, die zur Katholischen Aktion gehört, in Graz zu einer Diskussion eingefunden. Dabei wurde die Idee geboren, für Vorarlberg eine Art Manifest zu schaffen, das den gesellschaftlichen Tendenzen – etwa "die Zweifel am Machbaren und die Zukunftsangst" gegenüber dem "blinden Vertrauen in den wissenschaftlich-technischen Fortschritt" – Rechnung tragen würde.   

Die ÖVP griff diese Idee auf. Über 300 Interessierte, darunter auch der zum Jungbauernbund der ÖVP gehörende Kaspar Ignaz Simma aus dem Bregenzerwald im Bereich Umwelt, aber auch zahlreiche Nichtparteimitglieder entwarfen, in mehr als zweijähriger Arbeit und in sechzehn thematische Arbeitskreise gegliedert, ein "Modell Vorarlberg", das 1983 der Landes-ÖVP als Programm vorgelegt und zur Durchführung empfohlen wurde. Bereits im Vorfeld wurde dieses "Modell" zerzaust, die Medien sprachen von einem Alibipapier und einer Totgeburt, da das "Papier" insbesondere im Bereich Umwelt zahlreiche nderungen erfahren habe. Simma wechselte nun die Fronten. Zusammen mit dem Theologen Siegfried Peter aus Rankweil ging er als Spitzenkandidat der Alternativen Liste Österreichs (ALÖ) mit den Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) ein Wahlbündnis (AL/VGÖ) ein. Diese Gruppierung schaffte nicht nur den Einzug in den Landtag, sondern erreichte bei der "Erdrutschwahl" 1984 auf Anhieb 13 Prozent, was von den Medien als "Watschen für die Funktionärsparteien" bezeichnet wurde, da alle übrigen Parteien Federn lassen mussten. Das Bild des bärtigen Bauern aus dem Bregenzerwald mit Strickjacke und unkonventionellem Namen als ungewolltem Markenzeichen fand sich auf zahlreichen internationalen Titelseiten. Simmas "Politik der Liebe", die "das Positive im Gegner sucht", war gefragt. Vor laufenden Fernsehkameras verteilte er am Abend des Wahltages Bergkäse an seine politischen Gegner. Auch zur Angelobung im Landtag erschien der am 27. September 1954 geborene Simma in seiner bäuerlichen Kleidung.

Verheiratet mit Lucia geb. Flatz, bewirtschaftet der wertkonservative Vater dreier Kinder selbst einen kleinen Hof und setzt sich insbesondere für eine Ökologisierung der Landwirtschaft und für die Nutzung alternativer Energien (z.B. Solarenergie) ein. So nahm er auch an den Demonstrationen gegen die Atom-Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf (WAA) in Bayern teil. Trotz zahlreicher Proteste und Demonstrationen Ende der 1980er Jahre gelang es ihm aber nicht, den Bau des Speicherbeckens für das Kraftwerk Alberschwende in seiner Heimatgemeinde Andelsbuch oder den Bau des Kraftwerks Klösterle Anfang der 1990er Jahre zu verhindern. Ohne Wahlbündnis schaffte Simma in den Reihen der VGÖ bei der Landtagswahl 1989 den Wiedereinzug nicht. 1994 kandidierte er auf dem Spitzenplatz der Grünen, die drei Mandate erhielten. Kl.

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Bild: Kaspanaze Simma (rechts) verteilt Bregenzerwälder Bergkäse an Politikerkollegen, hier im Bild an Siegfried Gasser und Hans-Dieter Grabher.
Kaspanaze Simma (rechts) verteilt Bregenzerwälder Bergkäse an Politikerkollegen, hier im Bild an Siegfried Gasser und Hans-Dieter Grabher.