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Lorenz Böhler 1885-1973

Seit dem Jahr 1972 trägt das größte Unfallkrankenhaus in Wien seinen Namen: das 'Lorenz-Böhler-Krankenhaus' im 20. Wiener Gemeindebezirk. Lorenz Böhler zählt nicht nur in der medizinischen Fachwelt als "Vater der modernen Unfallchirurgie". Zu seinen Lebzeiten war Wien das Mekka der Unfallchirurgie. Noch heute gilt bei einer konservativen Knochenbruchbehandlung, also ohne Operation, Böhlers Technik der fachgemäßen Ruhigstellung: schmerzfreie Einrichtung, Ruhigstellung bis zur Heilung und aktive Bewegung der nicht ruhig gestellten Gelenke. Sein 1929 erschienenes dreibändiges Hauptwerk "Technik der Knochenbruchbehandlung", dessen erste Auflage er im Eigenverlag herausbringen musste, erschien bisher in 13 Auflagen, dazu in englischer, französischer, spanischer, russischer, italienischer, polnischer, chinesischer und ungarischer Übersetzung und wurde 1995/96 ein weiteres Mal aufgelegt.

Lorenz Böhler, geboren am 15. Jänner 1885 in Wolfurt, besuchte zuerst das Gymnasium in Brixen und dann das erst wenige Jahre zuvor eröffnete Gymnasium in Bregenz, wo er mit dem späteren Unterrichtsminister Dr. Emil Schneider maturierte. Es folgte das Medizinstudium in Wien, wo er 1911 promovierte. Nach Studienaufenthalten als Schiffsarzt in Südamerika und an der weltberühmten Mayo-Klinik in Rochester/Minnesota, USA, arbeitete er an den Krankenhäusern in Bozen und in Tetschen an der Elbe. 1915 leistete er Kriegsdienst in Galizien, 1916 war er an der Isonzo-Front eingesetzt. In diesem Jahr wurde er Leiter des Kriegsspitals für Knochenbrüche und Gelenksschüsse in Bozen, zuletzt als italienischer Kriegsgefangener. Nach Studien an der Chirurgischen Klinik von Prof. Dr. Hohenegg in Wien war er zunächst für vier Jahre als Chirurg in Gries bei Bozen und dann für ein Jahr als Leiter des Krankenhauses Brixen tätig. In dieser Zeit regte er den Bau eines Krankenhauses für Arbeitsverletzungen in Wien an, das weltweit für zahlreiche derartige Einrichtungen zum Vorbild werden sollte. Hier war er von 1925 bis 1963 als Primarius und Direktor tätig. Über eine Million Patienten wurden in diesem Zeitraum in irgendeiner Form betreut. Später, achtundsiebzigjährig, war Böhler beratender Unfallchirurg der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt für Österreich. Heute besteht in Österreich eine vorbildliche Kette von Unfallkrankenhäusern, Rehabilitationszentren und Spezialeinrichtungen, die ohne seine Impulse aus der Unfallchirurgie und der Unfallversicherung undenkbar gewesen wären.

In seiner akademischen Laufbahn wurde er 1930 zum Dozenten, 1936 zum außerordentlichen, 1944 zum wirklich außerordentlichen und 1954 zum ordentlichen Professor für Unfallchirurgie der Universität Wien ernannt. Über 450 Veröffentlichungen medizinwissenschaftlichen Inhalts in in- und ausländischen Fachzeitschriften deuten auf seine Kompetenz und Wertschätzung hin. Er war Ehrenmitglied verschiedener in- und ausländischer rztegesellschaften und Akademien der Wissenschaften sowie Ehrenprofessor zahlreicher Universitäten. Auch der "Verein der Vorarlberger in Wien" verlieh dem weltberühmten Landsmann die Ehrenmitgliedschaft und seine Heimatgemeinde Wolfurt enthüllte ihrem Ehrenbürger 1985 eine Gedenktafel. Nach dem Tod des Bundespräsidenten Dr. Theodor Körner (SPÖ) 1957 schlug die FPÖ der ÖVP unter Bundeskanzler Julius Raab Univ.-Prof. Dr. Lorenz Böhler als gemeinsamen parteiunabhängigen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen vor. Böhler konnte sich aber gegen den Chirurgen Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Denk, der schließlich gegen Adolf Schärf unterlag, nicht durchsetzen.

Lorenz Böhler starb am 23. Jänner 1973 in Wien. Er war mit Leopoldine geb. Settari verheiratet. Kl.

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Bild: Lorenz Böhler beim Studium von Röntgenbildern
Lorenz Böhler beim Studium von Röntgenbildern
Bild: Diese Medaille wurde Lorenz Böhler für seine Verdienste um die Unfallchirurgie gewidmet.
Diese Medaille wurde Lorenz Böhler für seine Verdienste um die Unfallchirurgie gewidmet.