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Guido Schmidt 1901-1957

Für kaum einen anderen aus Vorarlberg stammenden Politiker der Zwischenkriegszeit interessierte sich die Weltöffentlichkeit so stark wie für Dr. Guido Schmidt. Anlass dafür war ein Hochverratsprozess vor dem Wiener Volksgerichtshof, der 1947 wegen seiner Haltung als österreichisches Regierungsmitglied gegenüber Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg gegen ihn angestrengt wurde und mit einem Freispruch endete.

Guido Schmidt wurde am 15. Jänner 1901 in Bludenz als Sohn einer angesehenen Kaufmannsfamilie geboren, die schon früh ihren Vater verlor. Sein ältester Bruder Josef  war Ende der 1920er Jahre Bürgermeister von Bludenz sowie Anfang der 1930er Jahre Landtags- und Nationalratsabgeordneter der Christlichsozialen Partei. Seinen Kampf für Österreich bezahlte Josef mit verschiedenen Strafen und mit dem KZ. In Feldkirch besuchte Guido das Gymnasium Stella Matutina, wo er seinen späteren politischen Mentor, Kurt Schuschnigg, kennen lernte. Sodann wechselte er an die Universität in Wien und inskribierte Rechts- und Staatswissenschaften. Nach Studienaufenthalten an den Universitäten Berlin und Bologna promovierte er 1924 in Wien zum Doktor der Rechte. Ein Jahr später trat er in den Diplomatischen Dienst ein und 1927 holte ihn Bundeskanzler Dr. Ignaz Seipel in die Kanzlei des Bundespräsidenten Wilhelm Miklas.

Nach dem Zustandekommen des 'Juliabkommens' nahm ihn Bundeskanzler Dr. Kurt Schuschnigg am 11. Juli 1936 als Staatssekretär des ußeren in seine Regierung. Schmidt wurde zu einem der engsten und vertrautesten Mitarbeiter Schuschniggs, mit dem er seit ihrer gemeinsamen "Stella"-Zeit befreundet war. Die Regierungslager sowie die maßgeblichen politischen Gruppierungen waren uneins darüber, wie man innenpolitisch gegen die illegalen Nationalsozialisten in Österreich und außenpolitisch gegen Hitler vorgehen sollte. Zusammen mit Schuschnigg zählte Schmidt in dem zähen Ringen mit den Nationalsozialisten zu den versöhnungsbereiten – im Gegensatz zu den widerstandsbereiten – Kräften wie die katholische Kirche und der Wiener Bürgermeister Richard Schmitz.

Im Gespräch mit Hitler, der seine Verhandlungspartner (u.a. Schmidt und Schuschnigg) unter massiven psychischen und militärischen Druck gesetzt hatte, scheiterte am 12. Februar 1938 in Berchtesgaden der Versuch, eine politische Lösung zu erzielen. Das "Berchtesgadener Abkommen" beeinträchtigte die österreichische Souveränität gravierend. Im Rahmen der Regierungsumbildung am 15. Februar 1938 – die Regierung sollte den Charakter einer Konzentrationsregierung erhalten – wurde Schmidt zum Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten ernannt. Heute ist bekannt, dass Schmidt in dieser Funktion einige Zugeständnisse Schuschniggs wieder rückgängig machen konnte. Schließlich demissionierte die Regierung Schuschnigg auf Grund des steigenden Drucks seitens der Nationalsozialisten am 11. März 1938. Ein Angebot des nationalsozialistischen Bundeskanzlers Dr. Arthur Seyß-Inquart, im Amt zu verbleiben, lehnte Schmidt ab.

Während des Krieges war Schmidt vorübergehend arbeitslos und zeitweise in der Industrie (Hermann-Göring-Werke, heute VÖEST/Linz) beschäftigt. Auf Grund seiner Konsensbereitschaft mit den Nationalsozialisten, die er als Regierungsmitglied in manchen Bereichen gezeigt hatte, wurde er wegen Hochverrates am 2. Dezember 1945 in Haft genommen. Der Volksgerichtsprozess endete am 12. Juni  1947 nach dreieinhalbmonatiger Dauer mit einem Freispruch. Für viele war die Verlesung zahlreicher Dokumente und Protokolle eine Rechtfertigung der österreichischen Außenpolitik vor den tragischen Ereignissen von 1938. Für das Gericht konnte der Verdacht nicht genügend entkräftet werden, weshalb eine Entschädigung unterblieb. Eine Rückkehr Schmidts in den Auswärtigen Dienst wurde abgelehnt. Mitte der 1950er Jahre wurde er Generaldirektor der Österreichisch-Amerikanischen Gummiwerke AG Semperit. In St. Anton am Arlberg unterstützte er den Ausbau der Seilbahnen auf die Valluga. Am 5. Mai 1957 verstarb Schmidt in Wien. Er war ab dem 14. September 1931 mit Maria geb. Baronesse von Chiari verheiratet und Vater dreier Kinder. Kl.

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Bild: Staatssekretär Guido Schmidt mit Bundeskanzler Schuschnigg (Mitte) und Hannes Schneider (links) 1937 in St. Christoph am Arlberg
Staatssekretär Guido Schmidt mit Bundeskanzler Schuschnigg (Mitte) und Hannes Schneider (links) 1937 in St. Christoph am Arlberg
Bild: Guido Schmidt mit dem deutschen Reichsaußenminister Freiherr von Neurath
Guido Schmidt mit dem deutschen Reichsaußenminister Freiherr von Neurath