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Erwin Kräutler 1939

Erwin Kräutler wurde am 12. Juli 1939 als erstes von sechs Kindern des Ehepaares Heinrich und Maria Kräutler in Koblach geboren. Seine berufliche Biographie ist eng mit jener seines Onkels, Bischof Erich Kräutler, verknüpft. Erich wanderte als Mitglied des Ordens der Missionare vom Kostbaren Blut gemeinsam mit seinem Bruder Willi 1934 nach Brasilien aus. In der Provinz Xingu, einer Region von der Größe der Bundesrepublik Deutschland mit rund 400.000 Einwohnern und Einwohnerinnen an einem Nebenarm des Amazonas, beteiligte er sich am Aufbau der katholischen Indianermission.

 

Erwin besuchte nach der Volksschule in Koblach das Gymnasium in Feldkirch. Einer seiner Mitschüler dort war der frühere Vorarlberger und jetzige niederösterreichische Bischof DDr. Klaus Küng. Nach der Matura am Feldkircher Gymnasium 1958 folgte Erwin seinem Onkel in den Orden der Missionare vom Kostbaren Blut. Er absolvierte im liechtensteinischen Schellenberg das Noviziat und im Anschluss in Salzburg das Theologie- und das Philosophiestudium. 1965 feierte er – wie sein Onkel Erich 1932 – in Koblach Primiz. Im Herbst 1965 ging Erwin Kräutler nach Xingu. Sein ausgeprägtes soziales Gewissen war ihm Auftrag für ein starkes Engagement für die Rechte der Ausgebeuteten und Unterdrückten, der Arbeiter, der Bauern, der Afroamerikaner, Mestizen und Indigenas. Er scheute die Kritik an den neoliberalen politischen und wirtschaftlichen Strukturen in Brasilien nicht und forderte deren Reform, um grundsätzliche Menschenrechte wie Freiheit und Gleichheit auch für die Armen seiner brasilianischen Welt Wirklichkeit werden zu lassen. 1983 beteiligte sich Kräutler an Protesten von Zuckerrohrarbeitern gegen die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen in Brasilien und wurde von der Militärpolizei niedergeschlagen. 1987 wurde ein Mordanschlag auf ihn ausgeübt. Die mit diesem traurigen Umstand verbundene weltweite Publizität nützte er, um den Anliegen der südamerikanischen indigenen Völker – etwa dem Schutz ihrer natürlichen Lebenswelt – internationale Aufmerksamkeit zu verschaffen. 1988 wurden die Rechte der Indianer auf Schutz ihrer Lebenswelt im tropischen Regenwald in der neuen brasilianischen Verfassung verankert. Erwin Kräutlers Engagement und seine Fachkenntnis in ethnischen und ökologischen Fragen führten zu seiner Ernennung zum Präsidenten des Indianer-Missionsrates der brasilianischen Bischofskonferenz sowie zum Berater der österreichischen Delegation beim Umweltgipfel 1992 in Rio de Janeiro und beim World Summit for Social Development 1995 in Kopenhagen. Die katholische Kirche hatte sein Wirken bereits 1981 mit der Weihe zum Bischof der Diözese Xingu anerkannt. Erwin folgte damals in diesem Amt direkt seinem Onkel Erich nach.

Sein Verständnis des Bischofsamtes unterscheidet sich deutlich von jenem seiner Vorgänger und kommt am treffendsten im Wahlspruch "Bischof sein heißt Bruder sein" zum Ausdruck. Als Bruder durchwandert(e) Erwin Kräutler als junger Missionar und als an Jahren gereifter Bischof die 350.000 km² große Prälatur Xingu, um auch die entlegensten Dörfer aufzusuchen und dort mit den Gläubigen das Christentum im Sinn des Zweiten Vatikanums zu leben, nämlich als "Option für die Armen und kulturell Anderen".

Die Wertschätzung seiner Arbeit besonders in der westlichen Welt drückt sich in der Verleihung zahlreicher Preise und Ehrendoktorwürden aus: So erhielt Bischof Erwin Kräutler 1988 den Erzbischof-Oscar-Romero-Preis, 1989 den Binding-Preis für Natur- und Umweltschutz, 1991 den Dr.-Bruno-Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte, 1992 den Dr.-Karl-Renner-Preis und den Dr.-Toni-Ruß-Preis sowie 2004 den GlobArt Award der gleichnamigen, im Kloster Pernegg heimischen regierungsunabhängigen Kulturinitiative. 1992 verliehen ihm die Innsbrucker Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät sowie die Luzerner und die Bamberger Theologischen Fakultäten Ehrendoktorate. Im selben Jahr verlieh ihm seine neue Heimatgemeinde Altamira in Brasilien, Sitz Diozöse Xingu, die Ehrenbürgerschaft. 2001 verlieh ihm seine Geburtsgemeinde Koblach den Ehrenring der Gemeinde. Die Bevölkerung Vorarlbergs unterstützt und würdigt Bischof Kräutler und seine Arbeit durch zahlreiche Spendenaktionen, die u.a. zur Errichtung eines so genannten Vorarlberg-Dorfes in Altamira führten, und durch die aus mehreren Dutzend Mitgliedern bestehende freiwillige Selbstbesteuerungsgruppe namens "Bischof Kräutler". W.W.


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Bild: Missionsbischof Erwin Kräutler mit dem Päpstlichen Nuntius Ceccini und dem Diözesanbischof Bruno Wechner in Rankweil. Der Anlass war die feierliche Erhebung der Landeswallfahrtskirche `Zu unserer lieben Frau´ zur Basilika.
Missionsbischof Erwin Kräutler mit dem Päpstlichen Nuntius Ceccini und dem Diözesanbischof Bruno Wechner in Rankweil. Der Anlass war die feierliche Erhebung der Landeswallfahrtskirche `Zu unserer lieben Frau´ zur Basilika.
Bild: Bischof Erwin Kräutler in Brasilien
Bischof Erwin Kräutler in Brasilien