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Die Pest

Kaum eine andere Seuche hat sich so in das kollektive (Angst-) Bewusstsein der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Menschen eingegraben wie die Pest. Obwohl andere Krankheiten vergleichsweise mehr Menschen das Leben kosteten, wurde der 'Schwarze Tod' zum Synonym für die Gefährdung der menschlichen Existenz.

Bei der Pest handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die im Mittelalter und in der Frühneuzeit in der Regel epidemisch auftrat. Nagetiere, vor allem Ratten, stellen die natürlichen Wirte des Pestbakteriums. Bei der Beulenpest erfolgt die Infektion des Menschen durch einen Flohstich, bei der Lungenpest kann die Übertragung auch direkt von Mensch zu Mensch erfolgen. Für das Erscheinungsbild der Krankheit sind ein schwarzer Auswurf, schwärzliche Beulen oder schwarz verfärbte Zunge und Lippen typisch, weshalb sich im Laufe der Zeit auch die Bezeichnung "Schwarzer Tod" einbürgerte.

Zu Beginn des Jahres 1349 trat die Pest, soviel wir wissen, erstmals in Vorarlberg, in Feldkirch, auf. Im Anschluss an die Epidemie kam es zu einem Pogrom in Feldkirch, bei dem fast alle Juden, die in der Stadt gewohnt hatten, verbrannt wurden, da man sie für den Ausbruch der Krankheit verantwortlich machte. Bis 1689 lassen sich für Vorarlberg bislang mehr als dreißig weitere Pestepidemien von unterschiedlicher Intensität nachweisen. In Dornbirn starben 1584/85 so viele Menschen an der Pest, dass sich Landammann und Gericht gezwungen sahen, den österreichischen Beamten in Feldkirch zu melden, dass die althergebrachten Bestimmungen des Erbrechts nicht mehr ausreichten, um alle sich ergebenden Erbfälle zu regeln.

Besonders verlustreich waren auch die Seuchenzüge des Dreißigjährigen Krieges, als die Krankheit durch einquartierte Soldaten mehrfach ins Land eingeschleppt wurde und zugleich auf eine meist ausgemergelte und wenig widerstandsfähige Bevölkerung traf. 1628/29 starben in Lauterach 55 Menschen an der Pest, im Hohenemser Ortsteil Reute waren 80 Pesttote zu beklagen. Besonders schlimm wurde Dornbirn getroffen: Hier überschritt die Zahl der Toten die 800. Im Ortsteil Hatlerdorf sollen nach dem Abklingen der Epidemie sogar rund 20 Häuser leer gestanden sein. Nicht minder reiche Ernte hielt der Schwarze Tod 1635. In Lauterach starben damals 223 Personen an der Pest, in Lustenau binnen zweier Monate 52, in Mellau 185, in Egg 250, in Feldkirch 400, in Bregenz und Hörbranz 181!

Die Menschen des Mittelalters und der frühen Neuzeit standen der Pest fast hilflos gegenüber. Wer einmal infiziert war, hatte kaum mehr eine Überlebenschance. Bei der Beulenpest starben rund 80 Prozent der Infizierten, bei der Lungenpest war der Prozentsatz noch höher. Den Zeitgenossen blieb die wahre Ursache der Krankheit verborgen. Der Pesterreger wurde erst 1894 entdeckt. Die einzigen effizienten Maßnahmen gegen den "Schwarzen Tod" waren die Abschottung einzelner Städte oder Regionen durch so genannte "Contagionswachen" oder "Sterbehutwachen", um das Einschleppen des Krankheitserregers oder die Flucht aus einem bereits infizierten Ort zu verhindern, wodurch aber nicht selten die Verbreitung des "Schwarzen Todes" noch gefördert wurde. Diesen Weg wählte beispielsweise Graf Kaspar von Hohenems. Beim Ausbruch der Pest in Hohenems 1628 flüchtete er nach Feldkirch und verschanzte sich neun Monate lang in der Schattenburg. Auch hygienische Maßnahmen – etwa das Reinigen befallener Häuser oder das Bedecken der Friedhöfe mit einer Sandschicht – sind vereinzelt bezeugt. Ansonsten suchten die Menschen vor allem Zuflucht bei magisch-religiösen Vorkehrungen und Maßnahmen: Die Einrichtung besonderer Kulte wie die Verehrung der Pestheiligen Sebastian und Rochus, die Gründung von Gebetsbruderschaften, die Stiftung von Kapellen, die Einrichtung besonderer Wallfahrten (z.B. Marienwallfahrt nach Bildstein) oder das Gelöbnis einer ganzen Gemeinde (Lustenau), sich fortan des Schwörens und Fluchens zu enthalten, und dergleichen sollten vor dem Ausbruch der Krankheit schützen. W.Sch.

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Bild: Spätere, nachempfundene Darstellung einer Pestepidemie
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Bild: Das Innere der Kirche Bildstein. Auch heute noch eine beliebte Wallfahrtskirche
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