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Die Präsidenten des Vorarlberger Landtags seit 1945

Der Landtagspräsident wird von den Abgeordneten des Landesparlamentes gewählt. Ab 1945 stellte die mandatstärkste Fraktion im Landtag, die ÖVP, den Präsidenten. Seine Aufgabe ist die Vertretung des Landtages nach außen. Der Präsident führt die Geschäfte des Landtages, leitet dessen Verhandlungen, handhabt die Geschäftsordnung und hat innerhalb des Landtages das Hausrecht. Seine Vertretung nehmen zwei Vizepräsidenten wahr. Diese drei Personen zusammen bilden das Landtagspräsidium. Der 28. Vorarlberger Landtag wählte am 5. Oktober 2004 mit Dr. Gabriele Nußbaumer (1. Vizepräsidentin) und Dr. Bernadette Mennel (2. Vizepräsidentin) erstmals in der Geschichte des Landesparlamentes Frauen in dieses politische Spitzengremium. Bis dahin wurde es ausschließlich durch Männer repräsentiert.
 
Der erste Landtagspräsident nach dem Zweiten Weltkrieg war von 1945 bis 1949 Landeshauptmann Ulrich Ilg. Ihm folgte von 1949 bis 1964 der Bregenzer Rechtsanwalt Dr. Josef Feuerstein. Dr. Feuerstein wurde am 1. November 1891 in Andelsbuch geboren. Er maturierte am Vinzentinum in Brixen und absolvierte den Abiturientenkurs an der Grazer Handelsakademie. In Graz inskribierte er das rechtswissenschaftliche Studium, das er von 1914 bis 1918 auf Grund des Kriegsdienstes an der italienischen Front unterbrechen musste. Nach dem Kriegsende im November 1918 promovierte Feuerstein an der Universität Innsbruck, kehrte nach Vorarlberg zurück und machte dort die Gerichts- und Anwaltspraxis. 1923 übernahm er die Rechtsanwaltskanzlei des damaligen Vorarlberger Landeshauptmannes Dr. Otto Ender. Neben seiner Tätigkeit als Anwalt war Dr. Feuerstein u.a. ab 1929 Vorsitzender des Kuratoriums der Landes-Hypothekenbank, Obmann des katholischen Vorarlberger Pressevereins und nach 1945 öffentlicher Verwalter zahlreicher Unternehmen in Vorarlberg, die auf Grund der NS-Verbotsgesetze als deutsches Eigentum galten und durch einen Sequestor im Interesse der Republik Österreich geführt werden mussten – z.B. die Vorarlberger Illwerke von 1945 bis 1951 oder die Metallwarenfabrik Grätz in Bregenz-Lochau zwischen 1945 und 1963. Im November 1945 wurde er für die ÖVP in den Vorarlberger Landtag und 1949 erstmals zu dessen Präsidenten gewählt. Dr. Feuerstein verstarb am 26. Oktober 1969 in Bregenz. Seine Nachfolge als Landtagspräsident trat von 1964 bis 1974 der Bregenzer Bürgermeister und Tabakverleger Dr. Karl Tizian an. 

Dr. Tizian maturierte 1934 am Privatgymnasium Mehrerau. An der Universität Innsbruck und am Österreichischen Kulturinstitut in Rom studierte er Geschichte, Kunstgeschichte und Archäologie. 1938 promovierte Karl Tizian mit einer Arbeit über die Diözesanregulierung Josefs II. und über die geplante Errichtung eines autonomen Bistums Vorarlberg zum Doctor philosophicus. 1970 verlieh ihm das Wagner College (New York) den Titel eines Doctor legum. Bereits als Jugendlicher half Dr. Tizian im familieneigenen Tabakhauptverlag mit; 1957 übernahm er dessen Geschäftsführung. Ab den späten 1940er Jahren engagierte er sich als Kammerrat und als Bregenzer Stadtvertreter politisch für die ÖVP. 1950 wurde er zum Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz gewählt. Dieses Amt übte er bis 1970 aus. Während seiner Amtsperiode als Landtagspräsident wurden insbesondere die Landtagskanzlei und die parlamentarischen Dienste des Landtages ausgebaut. Für seine zahlreichen landes- und gemeindepolitischen Verdienste, die sich u.a. auch in Funktionen wie z.B. jener des Präsidenten des Landesverbandes für Fremdenverkehr, des Präsidenten des internationalen Bodensee-Verkehrsvereins, des Aufsichtsratsvorsitzenden der Pfänderbahn AG und der VOGEWOSI manifestierten, erhielt Dr. Tizian mehrere Ehrungen. Nach dem Ehrenzeichengesetz des Landes Vorarlberg aus dem Jahr 1963 war er kraft seines Amtes als Landtagspräsident Träger des Goldenen Ehrenzeichens des Landes Vorarlberg. Diese Auszeichnung erhielten daher auch seine Nachfolger Dr. Martin Purtscher, Bertram Jäger, Siegfried Gasser und Manfred Dörler. 1968 erhielt Dr. Tizian das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich. Er verstarb 1985 und wurde auf dem Friedhof St. Gallus an der Blumenstraße in Bregenz im Familiengrab beigesetzt.

1974 folgte Dr. Tizian der Suchard-Manager Dr. Martin Purtscher als Landtagspräsident nach. Während seiner 13-jährigen Amtszeit wurden die Vorarlberger Landesverfassung und die Geschäftsordnung des Landtages revidiert. Am 9. Juli 1987 wurde Dr. Martin Purtscher zum Landeshauptmann von Vorarlberg gewählt. Sein Nachfolger als Landtagspräsident wurde Bertram Jäger, der Präsident der Vorarlberger Kammer für Arbeiter und Angestellte.

Bertram Jäger wurde 1929 als zweites von acht Kindern eines Schneidermeisters in Bürs geboren. 1949 maturierte er am Paulinum in Schwaz/Tirol. 1953/54 absolvierte er den Abiturientenkurs der Handelsakademie in Bregenz sowie 1960/61 die Katholische Sozialakademie in Wien. Seine Verbindung zur katholischen Arbeitnehmerbewegung und sein Einsatz für soziale Fragen spiegeln sich in seiner politischen Karriere wider. Zwischen 1956 und 1960 war er Gemeindevertreter in Bürs und von 1960 bis 1970 Stadtvertreter in Bludenz, wo er über Jahre hinweg Obmann des Ortshilfswerk- und Fürsorgeausschusses war. Ab 1956 war Jäger zudem Mitglied und ab 1960 Obmann des Angestelltenbetriebsrates bei der Fa. Getzner Textil AG. 1964 wurde er für die ÖVP erstmals in den Vorarlberger Landtag und in die Kammer für Arbeiter und Angestellte (AK) gewählt. Von 1969 bis 1987 stand er der AK als Präsident vor. Von 1974 bis 1987 führte Bertram Jäger die ÖAAB-Fraktion im Österreichischen Arbeiterkammertag, zwischen 1975 und 1992 war er Landesobmann des ÖAAB Vorarlberg. Er bekleidete auch viele bundespolitische Funktionen – so war er etwa von 1978 bis 1991 Bundesobmann-Stellvertreter des ÖAAB, von 1980 bis 1989 Stellvertreter des ÖVP-Bundesobmannes und von 1982 bis 1987 Vizepräsident des Österreichischen Arbeiterkammertages. Nach der Landtagswahl 1994 legte Bertram Jäger sein Amt als Landtagspräsident freiwillig zurück. Als Vorstandsmitglied von CARE Österreich und als Aufsichtsratsmitglied der katholischen Wochenzeitung "Die Furche" widmet er sich weiterhin sozialpolitischen Themen. Sein Einsatz für die Öffentlichkeit wurde durch die Verleihung des Großen Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich sowie des Leopold-Kunschak-Jubiläumspreises honoriert. Bertram Jäger ist mit Leni geb. Ender verheiratet und Vater von vier Mädchen und zwei Jungen.

Das Erbe von Bertram Jäger als Landtagspräsident trat 1994 Diplomvolkswirt Siegfried Gasser an. Er war von 1994 bis 1999 Präsident des Vorarlberger Landtages. Dipl.-Vw. Gasser wurde am 16. Juli 1941 in Saarwellingen/D geboren. In Schruns besuchte er die Volks- und die Hauptschule, 1955 trat er in die Bundeshandelsakademie in Bregenz ein. Nach der Matura arbeitete er kurzfristig als kaufmännischer Angestellter, ehe er 1960 den Präsenzdienst ableistete. Im Anschluss daran studierte er Volkswirtschaft an der juridischen Fakultät in Innsbruck. Es folgten weiterführende Ausbildungen in Datenverarbeitung und als Betriebsberater. Von 1968 bis 1979 war Dipl.-Vw. Gasser Geschäftsführer der Vorarlberger Rechenzentrum Ges.m.b.H. in Dornbirn. Während dieser Zeit begann seine politische Laufbahn. Ab 1970 war Gasser Mitglied der Bregenzer Stadtvertretung und ÖVP-Stadtparteiobmann, ab 1972 ÖVP-Bezirksparteiobmann. Im September 1973 wurde er als Landesrat mit den Ressorts Pflichtschulen und Kindergärten, Wohnungswesen und Wohnbauförderung, Inneres, Polizei, Verkehrsrecht und Gastarbeiterwesen in die Vorarlberger Landesregierung berufen. Von 1984 bis 1990 war er als Landesstatthalter zweiter Mann in der Landesregierung. 1990 nominierte die Bregenzer ÖVP Dipl.-Vw. Gasser als Spitzenkandidaten für die Gemeindevertretungswahl. Am 27. April 1990 wurde er als Bürgermeister der Landeshauptstadt angelobt. Bei der Gemeindevertretungswahl vom 25. April 1995 wurde Gasser als Bürgermeister wiedergewählt. Im Januar 1998 übergab er das Amt des Bürgermeisters von Bregenz an Dipl.-Ing. Markus Linhart. Neben seinen landes- und kommunalpolitischen Aktivitäten engagierte sich Gasser ab den 1990er Jahren als Präsident des Landesverbandes für Tourismus, als Vizepräsident des Bodenseerates sowie als Präsident des Landesverbandes des Roten Kreuzes in weiteren gesellschaftspolitisch zentralen Bereichen. Dipl.-Vw. Gasser ist seit 1966 mit Maria geb. Fürst verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Seine politische Arbeit wurde mit dem Großen Goldenen sowie mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und mit dem Bruckner-Ring der Wiener Symphoniker ausgezeichnet.

Nach der Landtagswahl 1999 wählte der Vorarlberger Landtag den langjährigen Geschäftsführer des Instituts für Sozialdienste, Manfred Dörler, am 5. Oktober 1999 zum Präsidenten. Dörler wurde am 27. Dezember 1941 in Bregenz geboren. Nach der Matura an der Bregenzer Handelsakademie arbeitete er von 1959 bis 1977 bei der Maschinenfabrik Künz in Hard, wo er auch die Funktion des Prokuristen innehatte. Von 1977 bis 1997 war er Geschäftsführer des Instituts für Sozialdienste. 1989 wurde Dörler erstmals für die ÖVP in den Landtag gewählt, von 1997 bis 1999 war er Klubobmann der ÖVP-Landtagsfraktion. 1992 wurde er in Nachfolge von Bertram Jäger zum Landesobmann des ÖAAB Vorarlberg gewählt, zuvor war er bereits fünf Jahre Bezirksobmann des Bregenzer Arbeiter- und Angestelltenbundes gewesen. Dörler verstarb am 15. Juli 2004. Für den Präsidenten des Tiroler Landtages, Prof. Ing. Helmut Mader, war Manfred Dörler ein "verlässlicher und starker Partner in der Vertretung föderalistischer Anliegen und ein wirkungsvoller Vertreter der Landtage in europäischen Gremien wie ein erfolgreich um Kontakte und Nachbarschaft bemühter Politiker". In der kurzen Zeit bis zur nächsten Landtagswahl am 19. September 2004 führte der 1. Vizepräsident des Landtages, Kommerzialrat Ing. Fritz Amann, die Geschäfte des Präsidenten.

Fritz Amann wurde am 17. Februar 1950 in Schlins geboren. Nach dem Besuch der Volksschule in Schlins und der Hauptschule in Nenzing wurde er an der HTL Bregenz zum Elektrotechniker ausgebildet. 1986 gründete er die Firma PROTEC Steuerungen und Prozesstechnik GmbH, die rund zwei Dutzend Mitarbeiter hat. 1979 trat Amann der FPÖ bei, die er zwischen 1985 und 1996 im Feldkircher Gemeinderat vertrat, 1995/96 zudem als Stadtrat. 1993 folgte er dem als Landesrat in die Vorarlberger Landesregierung gewählten Hubert Gorbach als FPÖ-Abgeordneter zum Vorarlberger Landtag nach. Seit Oktober 2004 führt er den FPÖ-Landtagsklub. Neben seiner parlamentarischen Tätigkeit vertritt Amann die FPÖ auch als Bundes- und Landesobmann des Ringes freiheitlicher Wirtschaftstreibender in der Wirtschaftskammer, in der Vorarlberger Gebietskrankenkasse und in der Generalversammlung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Der 27. Vorarlberger Landtag wählte ihn am 5. Oktober 1999 zum 1. Vizepräsidenten. In dieser Funktion übernahm er nach dem Tod von Landtagspräsident Manfred Dörler am 15. Juli 2004 die Funktion eines geschäftsführenden Präsidenten. Amann ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

Bei der Landtagswahl am 19. September 2004 gewann die ÖVP eine klare absolute Mehrheit. In der konstituierenden Versammlung am 5. Oktober 2004 wurde Gebhard Halder (ÖVP) zum Landtagspräsidenten, Dr. Gabriele Nußbaumer (ÖVP) zur 1. und Dr. Bernadette Mennel (ÖVP) zur 2. Vizepräsidentin gewählt. Damit wurde erstmals seit 1945 ein Landtagspräsidium ausschließlich mit Vertretern und Vertreterinnen einer Partei besetzt.

Landtagspräsident Gebhard Halder wurde am 17. August 1942 in Bregenz geboren. Nach dem Besuch der Fluher Volksschule absolvierte er die landwirtschaftliche Fachschule und die Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister. Gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Kindern bewirtschaftet er in Bregenz-Fluh einen Grünlandbetrieb der Zone II im Ausmaß von 20 ha Grünland mit 30 Milchkühen und 20 Stück Jungvieh. Die Vertretung bäuerlicher Interessen war ihm von Beginn seiner politischen Aktivitäten an ein großes Anliegen. Zwischen 1981 und 1999 stand er der Landwirtschaftskammer Vorarlberg als Präsident vor, von 1986 bis 1993 war er Obmann des Vorarlberger Bauernbundes. Die ÖVP vertrat er zwischen 1975 und 1985 im Bregenzer Gemeinderat. 1984 wurde er erstmals als Abgeordneter in den Vorarlberger Landtag gewählt, von 1999 bis 2002 war er Klubobmann der ÖVP-Landtagsfraktion, zwischen 1996 und 1999 Vorsitzender des Finanzausschusses des Landtages. 2003 wählte ihn der Vorarlberger Landtag zum 2. Vizepräsidenten und 2004 zum Landtagspräsidenten.

Überblick Vorarlberger Landtagspräsidenten 1945-2005

1945-1949
Ulrich Ilg, Dornbirn

1949-1964
Dr. Josef FEUERSTEIN, Bregenz

1964-1974
Dr. Karl Tizian, Bregenz

1974-1987
Dr. Martin Purtscher, Thüringen

1987-1994
Bertram JÄGER, Bludenz

1994-1999
Dipl.-Vw. Siegfried Gasser, Bregenz

1999-2004
Manfred DÖRLER, Hard

2004
Ing. Fritz AMANN, Fraxern, geschäftsführender Präsident 1. Juli bis 4. Oktober 2004

Seit 5. Oktober 2004
Gebhard HALDER, Bregenz-Fluh
W.W.


ARTIKEL
Bild: Josef Feuerstein
Josef Feuerstein
Bild: Karl Tizian
Karl Tizian
Bild: Martin Purtscher bei einem Betriebsbesuch
Martin Purtscher bei einem Betriebsbesuch
Bild: Bertram Jäger bei einer Landtagssitzung
Bertram Jäger bei einer Landtagssitzung
Bild: Siegfried Gasser
Siegfried Gasser
Bild: Manfred Dörler
Manfred Dörler
Bild: Gebhard Halder
Gebhard Halder