BILD: Logo Vorarlberg Chronik
Zur Trefferliste

|Artikel|

Die Lawinenkatastrophe des Jahres 1954

Eine der größten Naturkatastrophen, die Vorarlberg je heimsuchten, bildeten die gewaltigen Lawinenabgänge im Januar 1954. In den letzten Jahrhunderten fand nur im ungewöhnlich harten Winter des Jahres 1689 ein vergleichbares Unglück statt, wobei allein das Montafon weit über hundert Todesopfer zu beklagen hatte. 1954 lag der Schwerpunkt der Zerstörungen im Großen Walsertal und dort wiederum in der Gemeinde Blons.
In der Nacht zum Sonntag, dem 10. Januar, fielen in den Bergregionen Vorarlbergs große Mengen Neuschnee, die sich bei den herrschenden Untertemperaturen nicht ausreichend binden konnten und bei den anhaltenden Stürmen wachsende Lawinengefahr bewirkten. Schon am Morgen  des 10. Januar forderte eine Lawine im Seewaldtobel bei Fontanella die ersten Opfer. Zwei Burschen kamen auf dem Weg zur Kirche ums Leben. Am Vormittag des nächsten Tages hielt die mangelhafte Lawinenverbauung am Falbkopf über Blons dem Druck nicht mehr stand: Die Schneemassen verschütteten 82 Bewohner des Ortsteils Walkenbach. 34 von ihnen fanden dabei den Tod. Am Abend desselben Tages löste sich auch am Mont Calv eine Lawine und begrub 43 Menschen, darunter 15, die am Vormittag aus der Falbkopf-Lawine gerettet worden waren. Weitere 22 Personen starben. Manche der Verschütteten mussten – zum Teil schwer verletzt und eingeschlossen neben verstorbenen Familienmitgliedern – länger als zwei Tage auf ihre Rettung warten. Einige verschieden kurze Zeit, bevor die Rettungsmannschaften sie erreichten. Noch Monate später fand man Leichen in den Schneemassen. Die von Eugen Dobler veröffentlichten Berichte der Überlebenden bieten ein erschütterndes Bild von den menschlichen Tragödien, die sich hinter den statistischen Angaben verbergen.

Außer in Blons, wo 57 Menschen umkamen sowie ein Drittel aller Häuser und Höfe zerstört wurde, forderten die Schneemassen auch in den anderen sonnseitig gelegenen Gemeinden des Großen Walsertals hohe Opfer: In Sonntag und Fontanella kosteten sie zehn, in St. Gerold drei Menschen das Leben. Im ganzen Bezirk Bludenz wurden in der Folge 280 Haushalte mit zusammen über 1.200 Personen als Lawinengeschädigte erfasst und unterstützt. Neben dem Großen Walsertal war der Bartholomäberg am schlimmsten betroffen. Bei zwei Lawinenabgängen in der Parzelle Lutt und auf der Montjola wurden 35 Personen verschüttet, von denen 18 ums Leben kamen. Auch im Klostertal forderten die Schneemassen ihre Opfer. Im Bahnhof von Dalaas riss eine Lawine am 12. Januar kurz nach Mitternacht die Lokomotive und einige Waggons eines im Schnee eingeschlossenen Personenzugs und einen Teil des Bahnhofsgebäudes mit. Während die Passagiere in den Waggons im Großen und Ganzen mit dem Schrecken davonkamen, fanden im Warteraum zehn Menschen den Tod. Weniger spektakulär, aber nicht minder grausam wütete der 'Weiße Tod' im Bregenzerwald, wo durch Lawinenabgänge 15 Menschen das Leben verloren. Hier waren vor allem die Gemeinden Mellau und Hittisau betroffen.

Insgesamt  gingen  in  Vorarlberg zwischen dem 10. und 12. Jänner 1954 etwa 150 Schadenslawinen nieder, die ungefähr 280 Personen verschütteten. 125 davon kamen ums Leben. Zwei Drittel der Todesopfer forderten die Lawinen im Großen Walsertal. In den Schneemassen verendeten weiters etwa 500 Stück Groß- und Kleinvieh. Zirka 600 Wohn- und Wirtschaftsgebäude wurden zerstört. Die Bergungsaktionen und die Wiederaufbaumaßnahmen erfolgten mit internationaler Unterstützung und unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit.  M.Tsch.

ARTIKEL
Bild: Lawinenunglücke gab es schon immer, Votivtafel aus St. Gallenkirch von 1793
Lawinenunglücke gab es schon immer, Votivtafel aus St. Gallenkirch von 1793
Bild: Rettungsmaßnahmen in Blons im Jahre 1954
Rettungsmaßnahmen in Blons im Jahre 1954