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Malerei, Skulptur und Medienkunst nach 1945

Die Situation der Nachkriegskunst in Vorarlberg war bestimmt von traditionalistischen Einflüssen: Impressionismus, Realismus und Expressionismus wirkten noch bis etwa in die Mitte der 1960er Jahre nach. Die Moderne, die anderswo schon längst stattgefunden hatte, war in Vorarlberg unmittelbar nach 1945 kein Thema.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf Initiative von Albert Bechtold, Emil Gehrer, Fritz Krcal, Rudolf Hoegler u.a. die "Kulturvereinigung Vorarlberger Bauhütte" gegründet, aus der schon ein Jahr später, 1947, die "Vorarlberger Berufsvereinigung bildender Künstler" hervorging. Die Rezeption der aktuellen Kunst wurde erst für jene Vorarlberger Künstler möglich, die nach 1945 an den neu eröffneten Kunstakademien in Wien und München studierten.

Erste gegenstandslose Tendenzen zeigen sich bei Fritz Pfister, Rudolf Hoegler, Hubert Dietrich, Alois Schwärzler, Walter Khüny und in der Skulptur bei Emil Gehrer. Dem Gegenständlich-Expressiven verhaftet blieben u.a. Martin Häusle, Eugen Jussel, Karl Schwärzler, Leopold Fetz und Herbert Arlt. Ein Sonderfall ist Fritz Krcal (1888-1983), der seine metaphysischen Naturdarstellungen der Zwischenkriegszeit bis an sein Lebensende fortführte.

Hubert Berchtold (1922-1983) nahm in den 1960er Jahren informelle Konzeptionen voraus, die in Vorarlberg erst in den 1980er Jahren Verbreitung fanden. Ihm ist ein eigener Beitrag gewidmet.

Daneben schlossen sich 1964 Helmut Fetz, Erich Smodics, Rudolf Zündel und Siegfried Kresser zum "Bregenzer Kreis" zusammen, der sich an der "Wiener Schule des Phantastischen Realismus" orientierte.

Die Malerei, international lange Zeit als anachronistisches Medium eingestuft, kehrte mit den 1980er Jahren wieder zurück. Es gab jedoch immer Künstler, die sich nicht durch Trends von der Malerei abhalten ließen. Dazu zählt Richard Bösch (geb. 1942), dessen Werk einen wesentlichen Beitrag zur Vorarlberger Malerei nach 1960 bildet. 1993 mit dem Internationalen Kunstpreis des Landes Vorarlberg ausgezeichnet, ist er mit seiner unverkennbaren Eigenart von Strich und Pinselführung ein Meister der dunklen Töne.

Daneben gibt es eine Reihe von Künstlern und Künstlerinnen wie Heinz Greissing, Mariella Scherling, Paul Renner, Alexandra Wacker, Manfred Egender, Harald Gfader, Alfred Graf, Ingmar Alge u.a., die verschiedenste Positionen der Malerei vertreten. Das Œuvre von Armin Pramstaller (1939-2002) steht für sich – er widmete sich ausschließlich der Radierung, in der er vornehmlich die Landschaft thematisierte.

Markus Getzner (geb. 1965) – zuerst Schüler von Arnulf Rainer und dann von Bruno Gironcoli sowie Hubert-Berchtold-Kunstpreisträger 2003 – ist mit seinen großformatigen Werken einer der interessantesten Zeichner Vorarlbergs der jüngeren Generation.

Zu Beginn der 1960er Jahre kam es auch in der Plastik zu einer Neuorientierung: Emil Gehrer schuf mit seiner Skulptur "Begegnung" für das Bregenzer Altersheim 1961 das erste abstrakte Bildwerk für den öffentlichen Raum. Herbert Albrecht (geb. 1927), Wotruba-Schüler, stellte 1962 eine monumentale Portalplastik an der Klosterkirche Mehrerau fertig. Albrecht wurde zur führenden Bildhauerpersönlichkeit nach 1945, wie zahlreiche öffentliche Aufträge (Vorarlberger Landhaus, Landesnervenheilanstalt Valduna etc.) belegen. Seine Arbeiten zielen auf eine weitgehende Vereinfachung bzw. Abstraktion der Vorlage ab. Walter Salzmann (geb. 1930) stellt den Mensch als leidendes und isoliertes Wesen ins Zentrum seines Schaffens. Unter dem Einfluss von Wotruba (ohne zu dessen unmittelbarem Schülerkreis zu zählen) zerlegt er seine Plastiken in kubistische Elemente. Der aus Bludenz stammende Bildhauer und Maler Edwin Neyer (1913-1984), in Heidelberg ansässig, schuf ab den 1950er Jahren aus Eisenschrott-Teilen zusammengeschweißte, vertikal überlängte Figuren. Er arbeitete nach Kriegsende mit den Architekten Dönz und Reznicek zusammen und verdiente schließlich seinen Lebensunterhalt als Architekt. Seine skulpturalen Architekturentwürfe können seine bildhauerische Tätigkeit, die er nebenbei weiterführte, nicht leugnen. Willi Kopf (geb. 1949) beschreibt mit seinen geometrisch zusammengesetzten Objekten autonome Raumsituationen. Walter Kölbl (geb. 1948) gestaltet mit einfachsten Grundkörpern wie Zylinder, Würfel, Quader usw. Holz- und Stahlobjekte im Sinn von konkreter Kunst. Karl-Heinz Ströhle (geb. 1957) – Studium der Bildhauerei bei Edelbert Köb, dem späteren Kunsthaus-Direktor – beschäftigt sich intensiv mit architektur- und raumbezogenen Projekten, bei denen er mit verschiedenartigsten Linienverläufen experimentiert. Franz Türtscher (geb. 1953) setzt sich mit Zwei- und Dreidimensionalität auseinander und schafft "Bildarchitekturen" von materialisierter Realität.

In den 1970er Jahren stehen Gottfried Bechtold, Wolfgang Flatz (beiden sind eigene Beiträge gewidmet), Kurt Matt (geb. 1950), Wolfgang Häusler (geb. 1950), Hubert Matt (geb. 1959) und Ingo Springenschmid (geb. 1942) für ein neues Kunstverständnis, das Konzept- und Ideenkunst in den Mittelpunkt rückt. Die Arbeiten von Kurt Matt sind im Kontext der Land Art anzusiedeln. Inmitten von Waldlichtungen und an Seeufern errichtet er verschiedene Natur-Kunst-Ensembles und hält sie fotodokumentarisch fest.

Tone Fink (geb. 1944) setzte sich mit Papierbildhauereien auseinander und beschäftigt sich seit den 1980er Jahren mit filmischen und performanceartigen Aktivitäten, die zwischen Ernst und Heiterkeit angesiedelt sind. Mit scheinbarer Leichtigkeit nimmt er sich tabuisierter Themen an, um sie in poetische Bildmetaphern zu verwandeln. Zahlreiche Ausstellungen in Hamburg, Köln, Zürich, Los Angeles, Boston, New York, Berlin und Basel verweisen auf seine augenscheinliche Präsenz.

Im medialen Bereich traten in den letzten Jahren mit Ruth Schnell (geb. 1956) und Rainer Ganahl (geb. 1961) zwei Künstler international in Erscheinung, die wichtige Beiträge zur aktuellen Kunst liefern. Ruth Schnell zeigt in ihrer Arbeit "Body Scanned Architecture", 1995 auf der Biennale in Venedig zu sehen, das Verhältnis von Architektur, Körper und Bild auf. Im Kunsthaus Bregenz realisierte sie 2002 die Video-Sound-Installation "Territorism", die sich über zwei Seiten der Glasfassade erstreckte.

Rainer Ganahl studierte ursprünglich Philosophie, Geschichte und Kunst. Vor diesem Hintergrund ist sein interdisziplinäres Arbeiten zu sehen, das wissenschaftliche, pädagogische und künstlerische Methoden verbindet. Dementsprechend setzt der Künstler in seinen Installationen verschiedene Medien – Zeichnung, Video, Skulptur, Dokumentation, Text usw. – ein und vernetzt sie miteinander. 

Die Fotografie als autonomes Bild ist aus der Kunstszene nicht mehr wegzudenken. Nikolaus Walter (geb. 1945 in Rankweil) hat – als eine Art Chronist Vorarlbergs – Geschichte eingefangen und damit selbst Geschichte gemacht. Weiters sind zu nennen: Sepp Dreissinger, Arno Gisinger, Gerold Tagwerker, Gerhard Klocker, Ignacio Martinez, Marianne Greber, David Murray u.a., die sich mit dem Medium Fotografie auseinander setzen. Siegrun Appelt (geb. 1965) beschäftigt sich mit dem Material Licht und arbeitet ebenfalls vorwiegend mit Fotografie und Video.

Verschiedene Institutionen wie "Magazin 4" in Bregenz, "Kunstraum Dornbirn", "Villa allerArt" in Bludenz sowie das 1997 eröffnete Kunsthaus Bregenz informieren über aktuelle Tendenzen österreichischer und internationaler Gegenwartskunst und tragen wesentlich zum künstlerischen Ansehen bzw. kreativen Potenzial des Landes bei. U.P.

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Bild: Herbert Albrecht, Reliefplastik Kloster Mehrerau, 1960/62
Herbert Albrecht, Reliefplastik Kloster Mehrerau, 1960/62
Bild: "Bund" von Richard Bösch, 1989
"Bund" von Richard Bösch, 1989
Bild: Installation von Rainer Ganahl im Kunsthaus Bregenz, 1998
Installation von Rainer Ganahl im Kunsthaus Bregenz, 1998
Bild: Karl-Heinz Ströhle, Krankenhaus Dornbirn, 2005
Karl-Heinz Ströhle, Krankenhaus Dornbirn, 2005