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Vorarlberg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges

Vorarlberg wurde vom Dreißigjährigen Krieg, der 1618 als Religionskrieg ausbrach und 1648 als reiner Machtkampf zwischen den europäischen Großmächten in allgemeiner Erschöp-fung endete, nur am Rande betroffen. Während die Kriegsereignisse und die damit verbundenen Begleiterscheinungen im gesamtdeutschen Bereich anteilsmäßig mehr Todesopfer forderten als der Zweite Weltkrieg, kamen die Herrschaften vor dem Arlberg diesbezüglich trotz ihrer Grenzlage glimpflich davon. Hier beliefen sich die Kriegsverluste 'nur' auf fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung. Durch die wirtschaftlichen Belastungen in Form von Militärdienstleistungen und Kriegsbeiträgen wurde das Land jedoch stark in Mitleidenschaft gezogen. Sie bewirkten einen Niedergang des Mittelstandes, der zu einer Konzentration des Reichtums bei einzelnen Familien führte und auch dem verstärkten obrigkeitlichen Absolutismus die Bahn ebnete.

Militärisch war Vorarlberg besonders als Grenzland zum strategisch wichtigen Passstaat Graubünden von Bedeutung. Als dort die spanisch-österreichische Position gefährdet war, drangen 1621 Truppen über das Schlappinerjoch in das Prättigau ein. Im Zuge der Bündner Gegenwehr gegen die rücksichtslosen Katholisierungsversuche, die vor allem von den Kapuzinern getragen wurden, ermordeten Aufständische im folgenden Jahr in Seewis den später heilig gesprochenen Feldkircher Guardian Fidelis von Sigmaringen. Nach der Niederlage der Vorarlberger Landesverteidiger am Fläscherberg, wobei etwa 300 von ihnen den Tod fanden, unternahmen die Bündner im Sommer 1622 mehrfach Raubzüge über die Grenzen. Besondere Rache wurde am Montafon genommen, wo die Prättigauer bis nach Vandans vordrangen, Hunderte Stück Vieh entwendeten, Häuser plünderten und Brandschatzungsgelder erpressten. Über die Montafoner Pässe erfolgten bald nicht nur "Gegenbesuche" der Vorarlberger, sondern es drangen auch Truppen vor, die Graubünden noch im selben Jahr wieder bis 1624 und von 1629 bis 1631 unter österreichische Kontrolle brachten. Vorarlberg wurde bei den militärischen Aufgeboten, vor allem auch durch die Truppeneinquartierungen und -durchmärsche, stark belastet. Die Bevölkerung litt unter den Übergriffen der Soldaten, unter Hungersnöten und den meist damit verbundenen Seuchen. Gegen Ende der 20er Jahre und im folgenden Jahrzehnt wurde das Land von Pestepidemien heimgesucht, die zum Beispiel in Dornbirn mehr als die Hälfte der Bevölkerung hinwegrafften. Die Stadt Bludenz, die von Pest und militärischer Bedrängnis verschont geblieben war, brannte 1638 vollständig nieder.

In den 30er Jahren verlagerte sich die Hauptbedrohung von der Vorarlberger Südgrenze nach Norden. Die schwedischen Truppen, die große Teile Schwabens besetzten, verlangten 1632 auch die Übergabe der neu befestigten Stadt Bregenz. In den folgenden Jahren blieben die österreichischen Herrschaften vor dem Arlberg mit den wechselnden militärischen Geschehnissen im oberschwäbischen Raum verbunden und die Gerichte vor der Bregenzer Klause den Schweden ausgeliefert. Schon längere Zeit war Vorarlberg auch Zufluchtsort für Flüchtlinge aus den vom Krieg heimgesuchten Gebieten. Anfang Jänner 1647 drangen schwedische Truppen unter Karl Gustav Wrangel auf das nur schwach gerüstete Bregenz vor, umgingen die Befestigungen an der Klause, eroberten und plünderten die Stadt. Von Bregenz aus unternahm die Soldateska Streifzüge bis in den Bregenzerwald und im Oberland bis nach Bludenz. Den Gemeinden wurden hohe Brandschatzungsgelder abgepresst. Auch die Verpflegung der zahlreichen Soldaten mit ihren 6.000 Pferden war zur Winterszeit eine schwere Belastung. Auf Grund der gewandelten Kriegslage zog sich Wrangel im März wieder aus Vorarlberg zurück. Davor wurden die Festung Hohenbregenz und die Schanzen an der Klause gesprengt; die Zerstörung der Schattenburg und der Feldkircher Stadttore konnte man verhindern.

Nach dem Abzug der Schweden blieb Vorarlberg weiterhin in den Krieg verstrickt. Um die Verteidigungsanlagen wieder herzustellen, wurde die Bevölkerung rücksichtslos zu Fronarbeiten herangezogen. Der im April 1648 eingesetzte Obristhauptmann von Vorarlberg, Caspar Schoch, unternahm noch vergebliche Versuche, die schwedische Herrschaft auf dem Bodensee und in den angrenzenden Städten zu brechen. Der Westfälische Friede im Oktober 1648 brachte nur eine kurze Unterbrechung. Bald kamen  durch weitere Kriege neue Belastungen auf die schwer heimgesuchte Bevölkerung zu. M.Tsch.

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Bild: Die Bregenzerwälderinnen, die mit ihren weißen Trachten die schwedischen Soldaten in die Flucht geschlagen haben sollen, als Postkartenmotiv nachgestellt
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Bild: Die Eroberung von Bregenz durch die Schweden. Darstellung der Bregenzer Abwehrstellungen und der schwedischen Truppen
Die Eroberung von Bregenz durch die Schweden. Darstellung der Bregenzer Abwehrstellungen und der schwedischen Truppen