BILD: Logo Vorarlberg Chronik
Zur Trefferliste

|Artikel|

Die Abtei Mehrerau

In den 80er Jahren des 11. Jahrhunderts gründete Graf Ulrich X. von Bregenz mit Unterstützung der Abtei Petershausen bei Konstanz in Andelsbuch, wo zuvor schon der selige Diedo († 1080) ein Bethaus errichtet hatte, ein Kloster, um auf diese Weise einen geistlichen Mittelpunkt für die Grafenfamilie zu schaffen sowie den Siedlungsausbau im Bregenzerwald zu fördern. Bereits nach wenigen Jahren (wohl um 1090/94) erfolgte die Verlegung des Klosters an seinen heutigen Standort am Bodensee, da die Versorgung des Konvents in Andelsbuch auf Schwierigkeiten gestoßen war.

Die Mehrerau erhielt von ihren Stiftern umfangreichen Grundbesitz im Bregenzerwald (vor allem in Andelsbuch, Alberschwende und Lingenau), den Bereich des heutigen Bregenzer Stadtteils Vorkloster sowie Güter im Allgäu und im Illergau. Die im Jahre 1125 geweihte, im Hirsauer Stil errichtete romanische Klosterbasilika wurde zur Grablege der Grafen von Bregenz und ihrer Erben, der Grafen von Montfort, die sich immer wieder als Förderer und Wohltäter der Abtei erwiesen. Dazu kamen zahlreiche Schenkungen von Laien und Mönchen sowie eine rege Erwerbstätigkeit, sodass sich die Mehrerau zu einem der größten Grundbesitzer auf Vorarlberger Boden entwickelte. Gelegentliche Auseinandersetzungen mit den Montforter Grafen sowie die Verwicklung in regionale und überregionale Konflikte – so in die staufisch-päpstlichen Auseinandersetzungen oder in die Appenzellerkriege, als aufständische Bauern das Kloster plünderten und den Abt vertrieben – fügten dem Kloster zwar immer wieder Schäden zu, bedrohten es jedoch nie in seiner Existenz.

Im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert weisen Visitationsprotokolle auf ein deutliches Nachlassen der Klosterdisziplin hin, schwere Missstände konnten nur allmählich beseitigt werden. Nach der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Klosterwirtschaft reorganisiert und das geistliche Leben erneuert. Eine Unterbrechung dieser Blüte des Stiftes brachten die Wirren des Dreißigjährigen Krieges, die ihren Höhepunkt in der Eroberung von Bregenz durch die Schweden und in der völligen Ausplünderung der Mehrerau fanden.

Im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts machten sich vor allem die Patres Franz Ransperg und Apronian Hueber als Geschichtsschreiber einen Namen. Die Musikpflege des Vorarlberger Raumes fand gleichfalls in der Mehrerau eines ihrer wichtigsten Zentren. Die Finanzlage des Klosters erholte sich so weit, dass an Stelle des romanischen Gotteshauses 1743 eine neue barocke Klosterkirche nach den Plänen von Franz Anton Beer fertig gestellt werden konnte. In der Folge entstanden auch neue Klostergebäude.

Nach dem Übergang Vorarlbergs an Bayern hob die bayerische Regierung die Mehrerau am 1. August 1806 auf, die Klosterkirche wurde abgetragen. Das Klostergebäude selbst diente in der Folge als Druckerei, Fabrik und Kaserne. 1854 ließ sich mit kaiserlicher Bewilligung der Konvent der 1841 aufgehobenen Zisterzienserabtei Wettingen (Kanton Aargau) in der Mehrerau nieder. Die Abtei erhielt 1854 die Genehmigung zur Führung einer Klosterschule; heute ist das Collegium Sancti Bernardi ein Internat mit achtklassigem neusprachlichem Gymnasium. Dem Kloster untersteht das Krankenhaus 'Sanatorium Mehrerau' und es betreut auch die Wallfahrt in der Basilika zu Birnau. Von 1941 bis 1945 war die Mehrerau wiederum aufgehoben. A.N

ARTIKEL
Bild: Die heute nicht mehr bestehende Barockkirche des Klosters
Die heute nicht mehr bestehende Barockkirche des Klosters
Bild: Die Gesamtansicht des Klosters und aller Nebengebäude um 1870
Die Gesamtansicht des Klosters und aller Nebengebäude um 1870
Bild: Die Bibliothek in der Mehrerau
Die Bibliothek in der Mehrerau
Bild: Inneres der Klosterkirche Mehrerau (1955)
Inneres der Klosterkirche Mehrerau (1955)