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Karl Ulmer 1773-1846

Die moderne Textilindustrie Vorarlbergs nahm ihren Anfang in Dornbirn: Die Gesellschafter der Firma Rhomberg & Lenz nahmen um 1812 die erste mechanische Spinnerei in Betrieb. Karl Ulmer und seine Söhne hingegen gründeten in den flachen Parzellen Schwefel-Rohrbach die erste ausgeprägte 'Industrielandschaft' des Landes.

Karl Ulmer entstammte einer bemerkenswerten Familie. Sein Onkel Franz Josef Ulmer, Löwenwirt im Dornbirner Hatlerdorf, führte in den Jahren 1789 bis 1791 einen Aufstand gegen die religiösen Neuerungen Kaiser Josephs II. an und starb deshalb im Gefängnis. Ulmers Vater Adam, Vorsteher im Viertel Oberdorf, fiel einem Mordanschlag zum Opfer. Karl Ulmer betrieb eine Mühle und handelte in großem Stil mit Getreide; bereits einer seiner Großväter war Bäcker gewesen. Die Bewohner Vorarlbergs mussten viel Getreide aus Schwaben importieren und der Getreidehandel war recht einträglich. Dies brachte Ulmer offenbar auf die Idee, in Textilunternehmungen zu investieren.

Nach einer nicht gesicherten Überlieferung gründete er bereits 1806 gemeinsam mit einem Gesellschafter eine Stoffdruckerei. Im selben Jahr fiel Vorarlberg allerdings an Bayern, und die Textilwirtschaft erlitt schwere Einbußen. Nach dem Ende der Bayernherrschaft 1814 unternahm Ulmer einen neuen Anlauf: Er plante den Bau einer chemischen Bleiche; bislang war in Vorarlberg zumeist mit natürlichen Verfahren gebleicht worden. Zur Sicherung von Energie und Wasser kaufte Ulmer nun im Schwefel in einem weiten Umkreis Felder und cker auf und ließ von der Dornbirner Ach einen Kanal ableiten. In den folgenden Jahren ergänzte er Druckerei und Bleiche durch eine Färberei. 1826 verhinderte er erfolgreich die Ansiedlung einer weiteren Färberei durch Herburger & Rhomberg in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Als Erster in Vorarlberg ging Ulmer zur mechanischen Weberei über; die benötigten Webstühle wurden aus dem Elsass importiert. Bislang war die Weberei ausschließlich Handarbeit gewesen. Bald darauf folgte eine mechanische Spinnerei.

Karl Ulmer war mit Franziska Feuerstein verheiratet; das Paar hatte fünf Söhne. Ulmer und sein ältester Sohn Adam wurden des Öfteren wegen Schmuggels von Baumwollwaren aus der Schweiz belangt. Der zweite Sohn Johann Georg besuchte mangels einer Ausbildungsstätte im Land das Polytechnische Institut in Wien, aus dem später die Technische Hochschule hervorging. 1837 verkaufte Karl Ulmer den größeren Teil seiner Fabriken an seinen Sohn Adam sowie an Johann Baptist Salzmann und zog sich wieder auf sein Gewerbe als Müller zurück.

1842/43 entstand in Dornbirn ein schwerer Konflikt, der die ganze Gemeinde in zwei Lager spaltete: Angehörige der verarmten Unterschichten im Ort forderten unter anderem mehr Transparenz in der Gemeindeverwaltung und eine Privatisierung von Gemeindegut. Karl Ulmer sympathisierte dabei kurzzeitig mit den Aufständischen und geriet dabei in eine Auseinandersetzung mit der Sippe der Rhomberg, die die Anliegen der begüterten Bürger vertrat. Diesen Konflikt entschieden die Rhomberg für sich; in den folgenden 25 Jahren stellten sie fast ausschließlich die Ammänner bzw. Bürgermeister des Ortes. 1843 erlitt Ulmer eine weitere Niederlage: Sein jüngster Sohn Daniel beabsichtigte, sich als Bäcker im Schwefel nahe am Fabriksgelände niederzulassen. Dagegen protestierten allerdings die anderen Dornbirner Bäcker mit Erfolg: Sie befürchteten eine Monopolisierung des Gewerbes.

Wenige Jahre später starb Karl Ulmer. Sein Grab auf dem Friedhof in Dornbirn-Markt zeigt in einer zeitgenössischen Ansicht die Fabrikgebäude im Schwefel. Den Betrieb führte sein Sohn Johann Georg Ulmer fort. Später gingen die meisten Gebäude in den Besitz der Firma Franz Martin Rhomberg über. Diese Diskontinuität der Firmengeschichte ist mit ein Grund, warum mit Karl Ulmer einer der frühesten und bemerkenswertesten Industriellen des Landes fast vergessen wurde. Und nach dem Konkurs der Firma F. M. Rhomberg wird auf dem ehemaligen Fabriksareal bald nichts mehr an ihn erinnern. H.W. 

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Bild: Der Dornbirner Fabrikant Karl Ulmer
Der Dornbirner Fabrikant Karl Ulmer
Bild: 1825 ließ Karl Ulmer im Dornbirner Ortsteil Schwefel eine Schönfärberei und Indienne-Druckerei errichten.
1825 ließ Karl Ulmer im Dornbirner Ortsteil Schwefel eine Schönfärberei und Indienne-Druckerei errichten.