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Christian Getzner 1782-1848

Christian Getzner war eines von sieben Kindern eines Bauernpaars in Satteins. Seine Familie dürfte Garn für den wohlhabenden Handelsmann Johann Josef Ganahl in Feldkirch gesponnen haben; dieser lieferte die Rohbaumwolle dafür und kaufte ihnen dann das Garn ab. Ganahl beschäftigte auf diese Art viele weitere Bauern im Nebenerwerb; man bezeichnete dies als Verlag. Um 1800 trat Getzner in der Kolonialwarenhandlung Ganahls eine Stelle als Handlungsgehilfe an. Dabei lernte er neben dem Handel auch das Verlagswesen genauer kennen. 1806 heiratete er die Wirtstochter Maria Barbara Katharina Barbisch; ihre Mitgift ermöglichte es ihm, im Haus seines Schwiegervaters in Bludenz seine eigene Kolonial- und Spezereiwarenhandlung zu eröffnen; nebenbei begann er gleichfalls zu verlegen. Im gleichen Jahr richtete Franz Xaver Mutter (1776–1836) aus Tobadill im Bezirk Landeck eine Schnittwarenhandlung in Bludenz ein. 1815 nahm Getzner einen Cousin seiner Frau, Andreas Gassner aus Nenzing (1776–1823), als Gesellschafter auf; zwei Jahre später gründete er mit diesem die Handlung 'Getzner & Comp.'. Am 1. August 1818 taten sich die drei Bauernsöhne Getzner, Mutter und Gassner schließlich zur Firma "Getzner, Mutter & Cie." zusammen; zu diesem Zeitpunkt verlegten sie rund 3.000 Heimarbeiter und Heimarbeiterinnen.

Getzner verlagerte seine Interessen nun wiederum nach Feldkirch; er erwarb dort ein Haus in der Altstadt (das heutige Palais Liechtenstein) und richtete eine Rotfärberei sowie eine kleine mechanische Spinnerei mit vier Maschinen ein; weiters betrieb er eine Brauerei. Bald ergaben sich jedoch Probleme: Getzner hatte sich nicht um Baugenehmigungen gekümmert und produzierte ohne Rücksicht auf die Brandgefahr; außerdem verschmutzte die Färberei das Wasser, das auch von anderen benutzt wurde. Getzner sah sich daher gezwungen, die Färberei nach Frastanz in die Felsenau zu verlegen. Dort ließ er auch eine chemische Schnellbleiche errichten, wiederum ohne zuvor eine Genehmigung einzuholen. Der Betrieb wurde ihm daraufhin jahrelang untersagt. Weiters geriet Getzner in Schmuggelverdacht.

Dies hinderte ihn aber nicht, weitere Betriebe zu gründen und Beteiligungen einzugehen. 1820 richtete er gemeinsam mit Johann Josef Ganahl und einem weiteren Gesellschafter aus St. Gallen in Bludenz eine mechanische Spinnerei ein, den (nach Rhomberg & Lenz in Dornbirn) zweiten größeren Betrieb dieser Art in Vorarlberg; die Fabrik brannte 1832 ab. Bereits im Jahr zuvor hatte sich Getzner am Bau einer Spinnerei in Nenzing beteiligt, 1836 folgten eine große Spinnerei und Weberei in Bürs.
Wichtige Ursachen für Getzners Aufstieg vom Bauernsohn zum Fabrikbesitzer lagen in seiner Innovationsfreudigkeit: Bereits sehr früh experimentierte er mit der Maschinenspinnerei und Rotfärberei; oft legte er sich mit den Behörden an und war darauf bedacht, mögliche Konkurrenten auszuschalten.

In seiner Karriere lassen sich bemerkenswerte Parallelen zu seinem Lehrherrn Johann Josef Ganahl, einem weiteren Unternehmer der ersten Generation, feststellen: Wie Ganahl 1797 in Feldkirch, so eröffnete auch Getzner sein erstes Geschäft im Haus seines Schwiegervaters, das er bald darauf an sich brachte. Beide hatten kurz danach familiäre Rückschläge zu verkraften: Ganahls Frau starb und die zwei einzigen Kinder Getzners überlebten das erste Jahr nicht. In der Folge konzentrierten sich Getzner und Ganahl auf ihren ökonomischen Aufstieg und trugen damit wesentlich zum Aufbau großer Firmen bei. Als Getzner 1848 starb, ging sein Erbe vorwiegend an zwei seiner Neffen. H.W.

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Bild: Der Industriepionier Christian Getzner
Der Industriepionier Christian Getzner
Bild: Die Färberei von Getzner & Comp. in der Felsenau bei Frastanz. Gemälde von Franz Xaver Bobleter
Die Färberei von Getzner & Comp. in der Felsenau bei Frastanz. Gemälde von Franz Xaver Bobleter
Bild: Die Spinnerei Klarenbrunn in Bludenz wurde 1886 fertiggestellt. Die Aufnahme entstand um das Jahr 1900.
Die Spinnerei Klarenbrunn in Bludenz wurde 1886 fertiggestellt. Die Aufnahme entstand um das Jahr 1900.