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Samuel Gottfried Jenny 1837-1901

Sein Vater Melchior Jenny (1785– 1863) entstammte einer angesehenen Sippe in Ennenda im Schweizer Kanton Glarus. Nach schweren Verlusten der Handelsfirma seiner Familie suchte er einen Neuanfang und gründete mit seinen Schwägern Friedrich und Dietrich Schindler die Firma 'Jenny & Schindler' in Hard. Hier flossen zwei wasserreiche, klare Quellbäche, die die Anlage einer Druckerei und Färberei begünstigten. Von 1836 bis 1838 ließen die Glarner Unternehmer in Kennelbach bei Bregenz die damals weitaus größte Spinnerei Vorarlbergs errichten. Der fünfgeschossige Bau war für rund 25.000 Spindeln konzipiert und wurde auf 440.000 Gulden veranschlagt; diese wurden von einer Aktiengesellschaft aufgebracht. Weiters wurde die Türkischrotfärberei in großem Stil betrieben: Bei diesem komplizierten Verfahren erhielten Baumwollstoffe ein Rot von besonderer Leuchtkraft.

Samuel Jenny erhielt privaten Unterricht durch den Pädagogen August Wilhelm Grube. 1855 studierte er Chemie am Polytechnischen Institut in Wien, 1858 erwarb er das Doktorat in Jena. 1867 übernahm er die Türkischrotfärberei und Druckerei in Hard sowie die mechanische Weberei in Lerchenau. Er ließ die älteren Bauten abreißen, führte Dampf- und Perotindruckmaschinen ein, versäumte aber den Umstieg auf die Rouleauxmaschine, die damals neueste Entwicklung im Textildruck. Auf Grund geänderter Konsumbedürfnisse und infolge mehrerer Wirtschaftskrisen geriet die Firma "Samuel Jenny" bereits kurz nach seinem Tod in schwere Turbulenzen und musste 1913/14 stillgelegt werden.

Die liberale Familie Jenny bestimmte die Gemeindepolitik in Hard in starkem Maß. Sie ließ sich eine große Villa mit einem ausgedehnten Park errichten. Das Verhältnis der Firma zu ihren Arbeitern war ausgesprochen schlecht. 1899 musste sich sogar der Reichsrat in Wien mit den miserablen Arbeits- und Lebensbedingungen in Jennys Fabriken befassen. Der Protestant Jenny ließ auch an katholischen Feiertagen arbeiten und weigerte sich, für seine vielen Beschäftigten aus dem Trentino einen italienischsprachigen Priester zu bezahlen.

Jenny war Ausschussmitglied der Vorarlberger Handelskammer und Mitglied des Eisenbahnrats. Als Protestant setzte er sich für seine Glaubensgenossen ein; so fungierte er als Presbyter. Er war auch Hobbyarchäologe und finanzierte mit eigenen Mitteln viele Ausgrabungen; im Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins veröffentlichte er mehr als 30 Beiträge über seine Forschungen. Weiters war er Konservator der historischen Baudenkmale. Jenny grub auch in der ehemaligen Südsteiermark, in Pettau und Oberlaibach, und unternahm archäologische Reisen an den Rhein, den Limes, nach Carnuntum, Umbrien, Pompeji sowie nach gypten. 1877 wurde er Obmann des Vorarlberger Landesmuseumsvereins; er plante den Bau eines Landesmuseums und unterstützte diesen großzügig.

1861 heiratete er Marie Schindler. 1880 wurde Jenny mit dem Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens ausgezeichnet, 1890 wurde er zum Kaiserlichen Rat ernannt. Er starb an einer Blutvergiftung infolge eines Insektenstichs und wurde auf dem evangelischen Friedhof in Bregenz begraben. H.W.

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Bild: Im Landesmuseum wird ein frühes Musterbuch der Firma Jenny & Schindler aufbewahrt. Die Leuchtkraft der Farben ist bemerkenswert.
Im Landesmuseum wird ein frühes Musterbuch der Firma Jenny & Schindler aufbewahrt. Die Leuchtkraft der Farben ist bemerkenswert.
Bild: Die Fabrik Jenny & Schindler in Kennelbach um 1850
Die Fabrik Jenny & Schindler in Kennelbach um 1850
Bild: Textilarbeiterinnen und -arbeiter der Firma Jenny & Schindler in Kennelbach, 1893. Als Zeichen ihres Berufsstandes halten fast alle Weberschiffchen in den Händen.
Textilarbeiterinnen und -arbeiter der Firma Jenny & Schindler in Kennelbach, 1893. Als Zeichen ihres Berufsstandes halten fast alle Weberschiffchen in den Händen.