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Franz Michael Felder 1839-1869

'Im Bregenzerwalde ist es Zeit, dass der Name Felders wieder aufgefrischt werde, mir scheint dort droht er am ehesten zu erlöschen, wo man ihm am meisten zu danken hatte. Was waren diese Schwarzen heilfroh, dass dieser Mann die Augen schloss!' So schrieb der Gemeindearzt von Dornbirn und liberale Landtagsabgeordnete Johann Georg Waibel im Oktober 1869 an Rudolf Hildebrand in Leipzig. Dieser, damals Universitätsprofessor und Herausgeber des Grimm'schen Wörterbuches, war einer der prominenten Freunde Felders, die seinen Namen weit über den Bregenzerwald hinaus bekannt machten, sodass etwa die Leipziger Zeitschrift "Europa" 1867 schrieb, Felder sei "eines der wunderbarsten Phänomene unserer Zeit".

Sein Name taucht bis zum Ersten Weltkrieg nicht nur in deutschsprachigen, sondern auch in spanischen, italienischen, französischen, ungarischen und tschechischen Lexika auf; alle seine Romane wurden ins Holländische übersetzt. Durch zwei Bücher im Residenz-Verlag, die Autobiografie "Aus meinem Leben" (1985), zu der Peter Handke ein Vorwort schrieb, und den Band ""Ich will der Wahrheitsgeiger sein' – Ein Leben in Briefen" (1994), ist Felders Name in weiteren Kreisen wieder zu einem Begriff geworden; seine gesammelten Schriften liegen in einer zwölfbändigen Ausgabe des Felder-Vereins vor.

Franz Michael  Felder wurde am 13. Mai 1839 in Schoppernau als einziger Sohn eines Bauern geboren. Mit zehn Jahren verlor er den Vater und konnte nur die Volksschule besuchen. In dem ca. 400 Einwohner zählenden Schoppernau war er eine extravagante Erscheinung: Er las beim Viehhüten und kaufte sich schon als Jugendlicher einen städtischen Anzug. Als er mit 21 Jahren in die Hochwasser führende Bregenzerache stürzte, ließ man ihn über eine Stunde ohne Hilfe zappeln.

Felders literarische Laufbahn begann 1863, als in Lindau seine Dorfgeschichte mit dem exotischen Titel "Nümmamüllers und das Schwarzokaspale" erschien. 1867 und 1868 folgten die Romane "Sonderlinge" und "Reich und Arm", bereits in Leipzig beim angesehenen Hirzel-Verlag. Felder begann auch bald an den sozialen Verhältnissen zu rütteln: So erreichte er eine gerechtere Verteilung der Gemeindesteuern und gründete Sennereigenossenschaften, eine Viehversicherungsgesellschaft, eine Handwerkerleihbibliothek und, gemeinsam mit seinem Schwager, dem Juristen Kaspar Moosbrugger, die "Vorarlberg'sche Partei der Gleichberechtigung", die das heute selbstverständliche allgemeine und geheime Wahlrecht forderte. Er beschäftigte sich auch mit den Sagen und Sprichwörtern des Bregenzerwaldes. Die heftigen Verfolgungen durch die Geistlichkeit, die ihn von der Kanzel herunter als Ketzer, Freimaurer und Antichristen verteufelte, sowie Morddrohungen gegen ihn und seine Familie verdüsterten seine letzten Lebensjahre. Felder starb mit nicht einmal 30 Jahren am 26. April 1869, bald nach dem frühen Tod seiner Frau Nanni, am Beginn einer glänzenden literarischen Karriere.

Er blieb lange Zeit ein Zankapfel zwischen den verschiedenen Parteien Vorarlbergs. Heute jedoch gilt er als Vorkämpfer der Demokratie, als mutiger Sozialreformer und als politisch bewusster Schriftsteller als eine herausragende Gestalt des österreichischen 19. Jahrhunderts. Felders Humor macht die Lektüre noch immer zu einem Vergnügen: So schrieb er 1867 aus Leipzig an seine Frau in Schoppernau: "Von Grottendieck, dem Übersetzer, hab ich noch immer keine Antwort. Er scheint nicht daheim zu sein, wie ich und alle berühmten Leute." U.L.

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Bild: Franz Michael Felder
Franz Michael Felder
Bild: Auch die zeitgenössische Kunst beschäftigt sich mit Felder. Paul Renners `Aus meinem Nebelleben´, 1988
Auch die zeitgenössische Kunst beschäftigt sich mit Felder. Paul Renners `Aus meinem Nebelleben´, 1988
Bild: Die Familie Franz Michael und Nanni Felder mit drei Kindern und der Mutter Felders 1866
Die Familie Franz Michael und Nanni Felder mit drei Kindern und der Mutter Felders 1866
Bild: Landesverwaltungsabgabemarke mit dem Porträt Felders
Landesverwaltungsabgabemarke mit dem Porträt Felders