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Johann Georg Hagen 1847-1930

Hagen, geboren in Bregenz am 6.3.1847, Sohn des Kreishauptschullehrers Martin Hagen (1797–1873) und der Theresia geb. Schick, besuchte die Elementarschule in Bregenz, ein Jahr die dortige Realschule und von 1858 bis 1863 als Externer die Stella Matutina in Feldkirch. Seine und seines Bruders Martin (1855–1923) Gymnasialstudien waren durch Kosttage und  durch Stipendien der Stadt Bregenz ermöglicht, die Wohnung und Frühstück sicherten. 1863 trat Johann Georg der Gesellschaft Jesu bei, absolvierte das Noviziat in Gorheim (bei Sigmaringen), das Juniorat in Friedrichsburg (Münster) und 1867 die Philosophie in Maria Laach. Auf seinen Vorschlag hin erlaubte ihm der Jesuitenorden ein mathematisch-physikalisches und astronomisches Studium, zuerst in Münster bei Eduard Heis, dann in Bonn beim Gründer der dortigen Sternwarte, Friedrich Wilhelm Argelander. Von 1872 bis 1875 lehrte Hagen an der Stella Matutina Mathematik in den unteren vier Klassen, ab 1875 studierte er Theologie in Ditton Hall (bei Liverpool), wo er 1878 zum Priester geweiht wurde. Eine gewisse mystische Disposition, die vor allem bei seinem Bruder Martin zum Ausdruck kam, wurde in diesen Jahren deutlich. Sie trat dann allerdings völlig in den Hintergrund, als Hagen 1880 an das Kollegium Prairie du Chien in Wisconsin kam und dort als Lehrer der Mathematik und Physik nach Einrichtung einer kleinen Sternwarte sich intensiv mit den veränderlichen Sternen zu beschäftigen begann. Seine neuen und originellen Ideen wusste er  den verfügbaren Mitteln anzupassen  und ausdauernd zu verfolgen.

1888 zum Direktor des Georgetown-Observatoriums bei Washington berufen, konnte sich Hagen als Astronom in Kontakt mit der großen Bibliothek der Regierungssternwarte und den Fachgenossen voll entfalten. Durch nichts ließ er sich jetzt davon ablenken, seinen Plan der Erstellung eines 'Atlas Stellarum Variabilium' zu verwirklichen, der in sechs Serien (1899–1908), denen später (1927, 1934) noch zwei weitere folgten, mehrere Hundert Umgebungskarten von veränderlichen Sternen mit Angabe der Positionen und Helligkeiten der verzeichneten Sterne gibt. Darüber hinaus gab Hagen auch eine Zusammenschau der höheren Mathematik in drei Bänden (1891–1905) heraus. Einer der führenden Mathematiker und Mitverantwortlichen an der mathematischen Formulierung der Einsteinschen Relativitätstheorie, Felix Klein, war von diesem Werk so beeindruckt, dass er seine Reise zur Weltausstellung in Chicago unterbrach, um Hagen in Georgetown zu besuchen.
1906 wurde Hagen mit der Leitung der Vatikanischen Sternwarte betraut, die er reorganisierte und modernisierte. Wissenschaftlich begann er jetzt, kosmische Gebilde von schwächerem Licht und größerer Ausdehnung (Nebelwolken) zu beobachten. Das Problem der "Hagen'schen Wolken" ist bis heute noch nicht geklärt und nach Mitteilung von Jürgen Treder "eine Herausforderung für die astrophysikalische Forschung".

Am 6.9.1930 verstarb Hagen in Rom. 1990 errichtete die Stadt Bregenz, der er zeit seines Lebens verbunden war, an seinem Geburtshaus eine Gedenktafel. Hagen war zweifellos ein gläubiger, ja frommer Mann. Er setzte aber seine Religiosität in vorurteilsloses Streben nach rationaler Erkenntnis um, frei von blindem Glauben an einen göttlichen Willen als unabhängige Ursache von Naturerscheinungen. G.O.

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Bild: Pater Johann Georg Hagen als Astronom im Vatikanischen Observatorium in Rom
Pater Johann Georg Hagen als Astronom im Vatikanischen Observatorium in Rom