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Dr. h.c. Jodok Fink 1853-1929

Jodok Fink wurde am 19. Februar 1853 in Andelsbuch als siebtes von zehn Kindern des Bauern Josef Alois Fink und seiner Frau Maria Katharina geboren. Nur er und sein Bruder Alois erreichten das Erwachsenenalter, alle anderen Geschwister starben noch als Kinder. 1868/69 studierte er für ein Jahr am Gymnasium in Brixen. Obwohl er dieses Schuljahr mit Vorzug abschloss, setzte er seine höhere schulische Ausbildung nicht fort, sondern entschied sich für den Beruf als Bauer. 1886 heiratete er Maria Katharina Meusburger, mit der er zwölf Kinder hatte, von denen fünf frühzeitig verstarben. Gemeinsam mit seinem Bruder Alois führte er die väterliche Landwirtschaft. Kurzfristig betätigte er sich auch als Sticker. Das 1959 vom Land Vorarlberg errichtete Jodok-Fink-Denkmal an der Bregenzer Bahnhofstraße, entworfen und ausgeführt von Emil Gehrer, bezeichnet Fink als 'Bauer und Staatsmann'. Diese beiden Pole bestimmten das Leben Finks. Sie verweisen auch auf seine Fähigkeit, das Alte mit dem Modernen zu verbinden. Fink war ein Förderer von Modernisierungen in der Landwirtschaft. Er unterstützte die Gründung einer landwirtschaftlichen Fachschule der Vorarlberger Landesregierung sowie einer Lehr- und Mustersennerei in Doren.

Er unternahm Studienreisen durch Europa, etwa im Mai 1902 nach Dänemark, um sich mit Neuerungen im Agrarbereich bekannt zu machen. Er bemühte sich, das auf Studienreisen neu erworbene Wissen im Rahmen von Vorträgen und Fortbildungsveranstaltungen den Bauern zu vermitteln. Während seiner Jahre als Gemeindevorsteher von Andelsbuch 1888–1897 legte er einen Mustergarten für Obstbäume und eine Kunstwiese für den Getreideanbau an. Als einfaches Mitglied des Gemeindeausschusses von 1879 bis 1887 hatte er bereits erfolgreich eine Hypothekarerneuerung durchgeführt. Während seiner Jahre als Landtagsabgeordneter 1890–1918 setzte er sich besonders für die Einführung des Verhältniswahlrechts, den Bau der Bregenzerwälderbahn, die Gründung einer Landeshypothekenbank und für die Opfer der Hochwasserkatastrophen von 1910 und 1912 ein. Im österreichischen Reichsrat, dem Fink von 1897bis1918 angehörte, machte er sich vor allem als Vertreter der Anliegen der Bauern einen Namen. So initiierte er 1898 ein Gesetz über den Verkehr von Margarine, Käse und Speisefett, das 1902 in Kraft trat. 1901 schloss er sich dem christlichsozialen Klub an, dessen Vorsitz er in den Folgejahren übernahm – ein Amt, das er bereits im Vorarlberger Landtag ausgeübt hatte. Seine ausgeprägte Fachkenntnis in agrarwirtschaftlichen Belangen resultierte 1916 in der Ernennung zum Direktor des auf Grund des Ersten Weltkrieges geschaffenen Volksernährungsamtes in Wien. Auf seinen Einfluss ist es auch zurückzuführen, dass in Bregenz eine Zweigstelle des Kriegsgetreideverkehrsamtes errichtet wurde. Deren Direktor wurde Dr. Otto Ender. Auf Finks Vorschlag hin wurde Otto Ender im November 1918 zum Vorarlberger Landespräsidenten ernannt und das Land aus der Tiroler Verwaltung herausgelöst. Ender und Fink können daher als Begründer des modernen demokratischen österreichischen Bundeslandes Vorarlberg bezeichnet werden. Finks politische Grundhaltung war nicht durchwegs republikanisch. Noch im August 1918 bezeichnete er in einer öffentlichen Rede in Dornbirn die Habsburgermonarchie als Garanten für die geografische und wirtschaftliche Einheit der österreichischen Länder und ihren möglichen Untergang als fatal. In der Ersten Republik zählte er zu einem der wesentlichen Förderer und Unterstützer des christlichsozialen Bundeskanzlers Prälat Ignaz Seipel. Zu Beginn der 1920er Jahre wandte er sich im Nationalrat heftig gegen den Beschluss der Anti-Habsburgergesetze. Nichtsdestotrotz war er einer der Gründerväter der ersten demokratischen Republik auf österreichischem Boden. Der Bauer und Staatsmann erkannte, dass das Alte durch Neues ersetzt werden musste und dass die von ihm favorisierte konstitutionelle Monarchie sich gegen die Moderne wandte.

Als Mitglied des Staatsrates 1918/19 sowie als Vizekanzler in den Kabinetten Karl Renner I und II unternahm er alles Mögliche, um der jungen Republik das Überleben zu sichern – und war damit erfolgreich. Als Mann des Ausgleichs und der Großen Koalition war er nach dem deutlichen Sieg der Christlichsozialen Partei bei den Nationalratswahlen 1920 jedoch in Regierungsverantwortung nicht mehr denkbar. Das Verhältnis zwischen den beiden größten politischen Gruppierungen der Ersten Republik, der Christlichsozialen Partei und der Sozialdemokratischen Partei, war durch Konfrontation bestimmt. Fink blieb bis zu seinem Tod am 1. Juli 1929 einfacher Nationalratsabgeordneter, der jedoch in seiner Partei über großen Einfluss verfügte. Er wurde auf dem Andelsbucher Friedhof bestattet. Der österreichische Kaiser würdigte seine staatspolitische Arbeit 1906, 1913 und 1917 mit der Verleihung des Eisernen-Krone-Ordens und des Franz-Joseph-Ordens; die demokratische Republik Österreich 1925 mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck sowie mit der Gründung einer Dr.-Jodok-Fink-Stiftung zur Unterstützung von Bauernsöhnen; die Bundeshauptstadt Wien mit der Benennung des Vorplatzes der Piaristenkirche im 8. Bezirk auf Jodok-Fink-Platz; der österreichische Nationalrat mit zahlreichen Ehrungen zum 25. und zum 30. Jubiläum seiner parlamentarischen Tätigkeit; das Land Vorarlberg mit dem schon erwähnten Denkmal an der Bregenzer Bahnhofstraße. W.W.

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Bild: Vizekanzler Jodok Fink aus Andelsbuch
Vizekanzler Jodok Fink aus Andelsbuch
Bild: Vizekanzler Jodok Fink (Bildmitte) auf dem Kirchplatz in seinem Heimatort Andelsbuch
Vizekanzler Jodok Fink (Bildmitte) auf dem Kirchplatz in seinem Heimatort Andelsbuch
Bild: Der Maler Hans Bertle hat nach antikem Vorbild die Berufung Jodok Finks als Vizekanzler dargestellt.
Der Maler Hans Bertle hat nach antikem Vorbild die Berufung Jodok Finks als Vizekanzler dargestellt.