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Friedrich Wilhelm Schindler 1856-1920

Sein Vater Wilhelm Schindler (1826– 1903) war der Sohn eines Teilhabers der Firma Jenny & Schindler, die sich seit den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts in Hard und später in Kennelbach etabliert hatte und mit mechanischer Spinnerei, Weberei, Bleiche, Färberei und Druckerei einen integrierten Konzern darstellte. Bereits Generationen zuvor hatten die Familien der Gründer im Kanton Glarus Handel betrieben und Heimarbeiterinnen und Heimarbeiter beschäftigt. Wilhelm erhielt eine künstlerische Ausbildung in Genf und Rom und übernahm 1871 zusammen mit seinem Schwager Cosmus Jenny die Leitung der Betriebe. Er war mit Betty Jenny aus Ennenda im Kanton Glarus verheiratet.
Dort, in der Ortschaft Mollis, wurde auch Friedrich Schindler geboren. Er besuchte Schulen in St. Gallen und Lausanne, wo er Französisch lernte. Anschließend erhielt er in Livorno gemeinsam mit seinem Bruder Cosmus eine kaufmännische Ausbildung, der ein dreijähriger Aufenthalt in England folgte. 1888 trat Schindler in die Firma ein, in der schon sein Onkel und sein Bruder tätig waren. Ihre Arbeit entlastete ihn, und er konnte sich seinen Interessen widmen.

1881 besuchte Schindler eine Ausstellung in Paris, auf der elektrotechnische Erzeugnisse gezeigt wurden; diese Anregungen prägten ihn entscheidend. Auf einer Studienreise in England sah er einen von Edison entwickelten Dynamo; sein Onkel schaffte nun auf seine Anregung hin einen Gleichstromgenerator an. Schindler erzeugte damit bereits 1884 elektrisches Licht in Kennelbach. Er richtete nun sein Augenmerk darauf, elektrische Energie zum Wärmen und Heizen zu nutzen; dabei erwiesen sich Keramikformen als ideale Wärmeleiter. Nach jahrelangen Experimenten zusammen mit dem Fabrikschlosser Mathias Zängerle ließ Schindler 1891 einen Schamotte-Heizkörper patentieren.
1893 beteiligte sich Schindler an der Weltausstellung in Chicago. Dabei präsentierte er eine elektrifizierte Küche, die starke Beachtung fand, und erhielt für seine Produkte eine goldene Medaille zugesprochen. Weitere Ausstellungen folgten, unter anderem in Leipzig, Stuttgart, Baden-Baden und Genf. Seine Erzeugnisse ließ er zunächst in anderen Werkstätten produzieren, gründete bzw. erwarb aber dann eigene Firmen in Bregenz, in der Schweiz und im Elsass. Dort wurden Koch- und Backherde, Tee- und Kaffeemaschinen, Tauchsieder, Bügeleisen, Bettwärmer, medizinische Apparate usw. gefertigt. Insgesamt nahm Schindler auf seine Erfindungen mehr als 100 Patente. Seinen Arbeitern galt er als angenehmer Fabrikherr.

Weiters trug er entscheidend zur frühen Vernetzung der Elektrizität in Vorarlberg bei. Die Firma Jenny & Schindler errichtete zunächst ein Elektrizitätswerk für ihren eigenen Bedarf. Friedrich Schindler setzte sich für die Lieferung von überschüssigem Strom an die Gemeinden Rieden und Bregenz ein; zu diesem Zweck wurde die Kraftversorgung weiter ausgebaut. 1905 wurde eine eigene Firma 'E-Werke Bregenz-Rieden' gegründet; daraus entstand 1916/17 die Vorarlberger Kraftwerke GesmbH, die später in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Allmählich entwickelte sich ein Netz von Hochspannungs-Fernleitungen, auch über die Landesgrenzen hinaus nach Lindau und ins Allgäu.

Privat war Schindler musikalisch und literarisch sehr interessiert. 1888 heiratete er Marie Jenny aus Schwanden im Kanton Glarus; das Ehepaar hatte vier Töchter und einen Sohn. Nach dem Tod seines Vaters und seines Onkels musste Schindler die inzwischen stark gewachsenen Betriebe mitübernehmen. Diese zusätzliche Belastung und andere Probleme verursachten 1909 einen Nervenzusammenbruch des sensiblen Erfinders, von dem er sich bis zu seinem Tod 1920 nicht wieder erholte. H.W.

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Bild: Friedrich Wilhelm Schindler
Friedrich Wilhelm Schindler
Bild: Schindlers elektrifizierte Küche, die auf der Weltausstellung in Chicago 1893 ausgezeichnet wurde
Schindlers elektrifizierte Küche, die auf der Weltausstellung in Chicago 1893 ausgezeichnet wurde
Bild: Unter dem Markennamen `Elektra´ vertrieb Schindler seine elektrischen Geräte. Titelseite eines Verkaufskataloges um 1910
Unter dem Markennamen `Elektra´ vertrieb Schindler seine elektrischen Geräte. Titelseite eines Verkaufskataloges um 1910