BILD: Logo Vorarlberg Chronik
Zur Trefferliste

|Artikel|

Emil Schneider 1883-1961

'Wedeln', die rhythmisch geschlossene, unmittelbare Aufeinanderfolge einer Reihe von Kurzschwüngen mit gleichem Radius, lässt nicht nur das Herz eines jeden Skisportlers höher schlagen, sondern ist auch untrennbar mit der "Akademie des Schilaufs", dem Bundessportheim St. Christoph a. A., verbunden. Als Unterrichtsminister unterstützte Dr. Emil Schneider in den 1920er Jahren die Skiausbildungsaktivitäten von E. Janner und legte damit den Grundstein für das heutige Bundessportheim, das untrennbar mit Namen wie Stefan Kruckenhauser und Franz Hoppichler verbunden ist. Hunderte in St. Christoph ausgebildete Skilehrer wirkten und wirken als "Winterbotschafter" nicht nur für die Tourismuswirtschaft, sondern auch für die Wintersportartikelindustrie und trugen und tragen u.a. die "Arlberg-Technik" und den "österreichischen Skilehrplan" in alle Welt hinaus.

Emil Schneider wurde am 28. Mai 1883 in Höchst geboren. Die Gymnasialzeit verbrachte er in Feldkirch und in Bregenz, wo er, zusammen mit dem weltberühmten Unfallchirurgen Lorenz Böhler aus Wolfurt, der ersten Maturaklasse des 1895 eröffneten Communal-Obergymnasiums Bregenz angehörte. In Innsbruck und Wien inskribierte er die Fächer Geschichte und Geografie; 1910 wurde er zum Lehramtskandidaten ernannt und im selben Jahr promovierte er zum Doktor der Philosophie. Seine Studienzeit fiel in die Zeit des Kulturkampfes, der mit der so genannten "Wahrmund-Affäre" seinen Höhepunkt erreichte. Er nahm für die christlichsoziale Seite Stellung, wurde im Herbst 1903 bei "Leopoldina" in Innsbruck rezipiert und tat sich 1908 als Gründer und Stifter der katholischen CV-Verbindung "Raeto-Bavaria zu Innsbruck" hervor. Für zwei Jahre unterrichtete Schneider am Privatgymnasium in Volders/Tirol, danach an der Oberrealschule in Dornbirn. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete er im Reservespital in Dornbirn. Bei den ersten Wahlen nach dem Krieg 1919 wurde Schneider in den Nationalrat gewählt. 1922 nahm der neue Bundeskanzler Dr. Ignaz Seipel Schneider in seine Regierung auf und vertraute dem konzilianten, sich der milden Tonart verpflichtet fühlenden Schneider das neu geschaffene Bundesministerium für Unterricht und Kultus an. In Schulgesetzfragen war eine Zweidrittelmehrheit notwendig, was eine Zusammenarbeit der beiden großen Parteien, der Christlichsozialen und der Sozialdemokraten, notwendig machte. Außerdem war das Schulwesen föderalistisch organisiert, wodurch ein äußerst harter politischer Kampf zwischen dem christlichsozialen Unterrichtsminister und dem sozialdemokratischen Wiener Stadtschulrat Dr. Otto Glöckel heraufbeschworen wurde. Die Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gipfelten schließlich in einem Handgemenge während der Nationalratssitzung vom 17. Juni 1926. Auch ein Artikel der christlichsozialen Parteizeitung "Reichspost" aus der Feder von Friedrich Funder tat ein Übriges. Um die Regierung Ramek zu retten, wurde der Unterrichtsminister schließlich geopfert. Von seiner Demission musste Emil Schneider, der auf einer Auslandsreise in Köln weilte, aus der Zeitung erfahren.
1927 kehrte er als Direktor an die Bundesrealschule in Dornbirn zurück; 1938 wurde er aus politischen Gründen des Amtes enthoben und musste seine Dienstwohnung räumen. Ab 1943 war er provisorisch als Hilfslehrer in Bregenz und Dornbirn angestellt. Von 1945 bis 1949 war er erster Direktor des Bundesrealgymnasiums für Mädchen in Bregenz, das im Gallusstift untergebracht war, dem heutigen Gebäude der Vorarlberger Landesbibliothek; 1950 trat er in den Ruhestand. Im selben Jahr war er Spitzenkandidat der ÖVP bei den Bregenzer Gemeinderatswahlen. Den Bürgermeistersessel trat er, nach Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionsparteien ÖVP und WdU (Wahlverband der Unabhängigen, die Vorläuferorganisation der FPÖ) an Dr. Karl Tizian ab, der 20 Jahre Bürgermeister der Landeshauptstadt bleiben sollte. Schneider selbst wurde Stadtrat für Kultur, Unterricht, Kindergärten, Tagesheimstätten, Waisenhaus, Krankenhaus und Sanitätswesen.

Am 25. Dezember 1961 verstarb Schneider. Seit 1914 war er mit Josephine geb. Hillebrand verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes. Kl.

ARTIKEL
Bild: Bundesminister Emil Schneider aus Höchst
Bundesminister Emil Schneider aus Höchst