BILD: Logo Vorarlberg Chronik
Zur Trefferliste

|Artikel|

Die Vorarlberger Landesbibliothek

Als unter Maria Theresia alle österreichischen Kronländer, die nicht über eine eigene Universität verfügten, eine wissenschaftliche Landesbibliothek erhalten sollten, blieb Vorarlberg unberücksichtigt, vor allem, weil es die politische Selbstständigkeit noch nicht erlangt hatte. Erst am 31. Oktober 1904 stimmte der Vorarlberger Landesausschuss der Gründung einer eigenen Landesbibliothek zu, deren Aufgabe in erster Linie mit der Sammlung von Vorarlbergensien, also von Schrifttum mit klarem Bezug zum Land, festgelegt wurde. Der Schritt zur Bildung einer eigenständigen Institution wurde vorerst noch nicht getan. Über Jahrzehnte blieb die Bibliothek sowohl räumlich als auch personell aufs Engste mit dem 1898 gegründeten Landesarchiv verbunden. 1933 erfuhr die Bibliothek eine bedeutende Erweiterung, als sich der Landesmuseumsverein nach einer über ein Jahrzehnt dauernden heftigen Auseinandersetzung bereit erklärte, dem Land seine eigene Büchersammlung zu überlassen.

Nach einem zügigen Anwachsen der Bestände auf rund 50.000 Bände Mitte der 1970er Jahre wurde die Gründung einer eigenständigen Institution unumgänglich. Am 1. September 1977 stimmte der Vorarlberger Landtag unter Reaktivierung des Beschlusses von 1904 der Errichtung einer eigenständigen wissenschaftlichen Universalbibliothek zu. Als Direktor wurde Dr. Eberhard Tiefenthaler bestellt, der den Ausbau der Landesbibliothek bis zu seinem Tod im Jahre 1995 zielstrebig vorantrieb. Bis 1986 war die nun selbstständige Landesbibliothek noch im Gebäude des Vorarlberger Landesarchivs in der Kirchstraße untergebracht. Danach wurde der Umzug in ein eigenes Gebäude unumgänglich. Eine neue Heimstätte fand sich im historischen Gemäuer des ehemaligen St.-Gallus-Stifts. Die Gebäudeanlage, deren älteste Teile bis ins 14. Jahrhundert zurückdatieren, hatte das Land Vorarlberg im Jahre 1981 erworben. Am 27. Juni 1986 fand nach dreijähriger Renovierungszeit die feierliche Eröffnung statt. Nachdem zunächst nur Teile des Gebäudekomplexes als Bibliothek genutzt werden konnten, fand der gesamte Umbau am 30. April 1993 seinen Abschluss, als der so genannte Kuppelsaal (die ehemalige Abteikirche) seiner Bestimmung als Lesesaal übergeben werden konnte.

In die Landesbibliothek hatten mittlerweile einige bedeutende Büchersammlungen Eingang gefunden, die vom Land durch Kauf oder auf dem Wege der Schenkung erworben worden waren: 1978 die Bibliothek des Kapuzinerklosters Bezau mit etwa 9.000 Bänden, 1981 der Großteil der ehemaligen Bibliothek der Stella Matutina mit rund 58.000 Bänden, 1992 die Bibliothek des Kapuzinerklosters Bregenz mit etwa 22.000 Bänden.

Heute stellt sich die Landesbibliothek als ein modernes Informationszentrum mit vielfältigem Angebot dar. Ihr Gesamtbuchbestand beträgt etwa 400.000 Bände, wovon mehr als die Hälfte über ein vollautomatisiertes Bibliothekssystem erschlossen ist. Zum Großteil werden diese Bestände den Benützern in einer systematisch geordneten Freihandaufstellung dargeboten. Von der ursprünglichen Beschränkung auf Vorarlbergensien wurde bereits 1977 Abstand genommen. Heute stellt die Bibliothek den Anspruch, Studenten, Wissenschaftlern und Interessierten ganz allgemein Basisliteratur aus möglichst allen Fachgebieten zur Verfügung zu stellen. In einer Mediathek wird bereits seit Jahren in großem Umfang landeskundlich relevantes 'non-book-material', wie Videos, Filme, Rundfunksendungen, Fotos und dergleichen, gesammelt, archiviert und mittels EDV erschlossen. Im Laufe der Zeit kamen wichtige historische Sammlungen wie das Fotoarchiv der Firma Risch-Lau (etwa 40.000 Negative und Positive, meist Landschaftsaufnahmen und Ansichtskarten), die Sammlung des Bregenzer Fotografen Alf Stäger (ca. 130.000 Negative und Positive aus den Jahren 1945–1992) und das Archiv der ehemaligen Landeslichtbildstelle (30.000 Bilder) in den Besitz der Landesbibliothek. Zu den besonderen Schätzen der Bibliothek zählen auch die historischen Bestände mit 108 Inkunabeln, rund 200 Handschriften, von denen die meisten aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen, sowie einigen Tausend Alten Drucken, darunter die Überreste der einst berühmten Palastbibliothek der Grafen von Hohenems. W.Sch.

ARTIKEL
Bild: Die Vorarlberger Landesbibliothek
Die Vorarlberger Landesbibliothek
Bild: Zum Bestand der Landesbibliothek gehören auch wertvolle frühe Drucke. Diese Seite stammt aus dem Chronicon von Augustinus Florentinus, gedruckt 1491 in Nürnberg.
Zum Bestand der Landesbibliothek gehören auch wertvolle frühe Drucke. Diese Seite stammt aus dem Chronicon von Augustinus Florentinus, gedruckt 1491 in Nürnberg.
Bild: Der 1993 renovierte Kuppelsaal. In der gesamten Landesbibliothek können die Bücher vom Besucher selbst aus den Regalen genommen werden.
Der 1993 renovierte Kuppelsaal. In der gesamten Landesbibliothek können die Bücher vom Besucher selbst aus den Regalen genommen werden.